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Goethe.

22. Jänner 1776.

Wenn ich Dich ein ander Mahl um was frage, so antworte Du mir! Warum wegen Herders an Luise?! Transeat cum caeteris propheticis erroribus !

Zimmermann.

22. Jänner 1776.

Von einer Seite betrachtet scheinst Du mir ein äußerst genievoller Mann; wenn ich dann aber auch wieder an Deine Pietistereyen und Schwärmereyen denke, so ziche ich hieraus den Schluß, Du hättest ein Mann von der ersten Größe in der Welt werden können, und ganz gewiß hätte Dich der liebe Gott deßwegen nicht verdammt; aber Du habest es sehr oft ganz und gar nicht seyn wollen. Welches auch in so weit recht ist; denn der Teufel hohle den Wunsch immer groß seyn zu wollen. Nur wünsche ich, daß einer die großen Talente, die ihm Gott gegeben

hat, anwende, wo große Talente nöthig sind; daß ein Raphael keine Kutschen bemahle, ein Bernini nicht Tabaksdosen mache; und Lavater u. s. w.

Du sagst, so viel habest Du zu leiden und seyest doch gesund. Alles Leiden ist nichts wenn man gesund ist; Du hast vermuthlich von allzu vielen Geschäften zu leiden. Solche Leiden gibt es noch mehr in der Welt. Schneide alles überflüssige ab, bleib bey der Stange. Schicke alles zum was nicht zum Zweck dient.

Man sieht gar zu gut, daß Du nicht stark genug bist, Narren ihrer Narrheit zu überlassen.

3immermann.

27. Jänner 1776.

Es thut mir leid, daß Du über Dinge, die vor aller Menschen Augen liegen, orakelmåßig sprichst, und geheim thust, wenn ich Dich frage.

Wieland.

5. Febr. 1776.

Erfreulich, lieb, und heilig möcht' ich fast sagen, ist mir jedes Blättchen von Lavaters Hand.

3immermann.

19. Febr. 1776.

Du bist indessen, so lange ich noch Athem

hole, das Labsal meiner Seele.

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Lavater.

Goethe.

22. Febr. 1776.

A Deine Ideale sollen mich nicht irre führen, wahr zu seyn, und gut und böse wie

die Natur.

Wieland.

4. März 1776.

Engel Gottes! Liebster bester Lavater! Mein Herz allein nennt Deinen Namen! Glaube nicht, Bester, daß ich zu gut von Dir denke; gewiß ich thu' es nicht. Aber ein großes, seliges Gefühl dessen, der Dich gemacht hat, dessen Organ Du bist, durchdringt mich fast alle Zeit, so oft ich an Dich denke.

Verzeihen Sie mir diese Vertraulichkeit, o

Lavater!

Lavater ein,, Müdling"! Ich kann Ihnen nicht beschreiben, wie es mich im Innersten

verwundet und schmerzt, daß ich Sie unter dem Drang solcher Arbeiten, solcher Geist und Leib erschöpfender Arbeiten und Sorgen seufzen sehe, und dann doch noch denken muß, daß es Menschen gibt, die es über ihr Herz bringen können, einem Lavater sein Leben zu verbittern, seine Bemühungen, die jeder Gute aufmuntern, mit Liebe belohnen sollte (wenn ich so sagen darf) ihm zu erschweren! weg mit ihnen, ich kann nicht ohne Grimm an solche Menschen denken; ich habe keine Geduld für sie, und doch ist es auch Liebe, wenn ich über solche Menschen ergrimme.

Wieland.

8. März 1776.

Möchte doch das Meer von Liebe, das in allen guten Herzen für Sie wallt, Sie gegen die verächtlichen Anfechtungen des Neides (denn nicht gehaßt nur beneidet werden Sie) unempfindlich machen können!

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