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Schrift de Orthographia ist wohl als Richtschnur für unwissende Kopisten, wahrscheinlich in Tours, geschrieben. Die Schrift De Rhetorica et Virtutibus, ebenfalls ein nach angelsächsischer Manier angelegter Dialog, diesmal zwischen Alkuin und Karl selbst, behandelt mehr den Wert als die Regeln der Rhetorik; die Schrift De Dialectica ist sehr unzulänglich; die astronomischen Abhandlungen beziehen sich hauptsächlich auf die Berechnung des Kalenders.

§ 5. An diesen dürftigen Abhandlungen gemessen, würde Alkuin unter den Gelehrten des Mittelalters keine bedeutende Stellung einnehmen. Aber man muß ihn alles in allem nehmen. Die schriftstellerische Tätigkeit war nur ein kleiner, vielleicht unbedeutender Teil seiner Lebensarbeit. Er war der geborene Pädagoge, geduldig, bedächtig, unermüdlich. Er brachte den Franken die Früchte der angelsächsischen Gelehrsamkeit, als diese selbst in ihrer Heimat durch die beginnenden Einfälle der Dänen bedroht wurde.

Alcuini Opera Omnia ap. Migne, Patrologia Latina. 100. 101. Carmina: M G H. Poet. Aevi Carol. 1, 160-351. Epistolae. MG H. Epp. 4,1-493. Vita Alchuini M G S. XV. 1, 182-197. Jaffé Monumenta Alcuiniana. (Bib. Rerum Germ. IV). Hauck KG. Deutschl. II. Gaskoin, Alcuin; Lond. 1904; mit Bibliographie. G. F. Browne, Alcuin of York; London 1908.

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etwa in der Weise allen gemeinsam, daß jeder Volksgenosse gar überall die Allmende für sich hätte nützen können. Vielmehr schieden sich aus dem gesamten eigentumsfreien Boden eine Reihe von kleineren und größeren Allmenden aus, durch natürliche oder auch künstliche Grenzen abgeschieden. Jede Markgenossenschaft hatte ihre, nur für ihre Markgenossen bestimmte Allmende, die dann je nach dem Charakter der betreffenden Markgenossenschaft eine Dorfallmende oder Hundertschaftsallmende oder eine Allmende mehrerer Dörfer sein konnte. Aber auch innerhalb einer größeren mehrere Dörfer umfassenden Markgenossenschaft konnten sich wiederum einzelne Dorfallmenden ausbilden. Erst was nicht so mit Beschlag belegt war, blieb über als gemeine Mark zur Nutzung jedes Volksgenossen oder, wenn sich Hundertschaft und Markgenossenschaft nicht deckten, der Hundertschaftsgenossen. Im Laufe der Entwicklung traten hierin Änderungen ein, die mehr oder weniger unbestimmten Herrschaftsrechte der Genossen schaft verdichteten sich zum Gesamteigentum, die gemeine Mark wurde dem königlichen Obereigentum unterworfen. Außerdem dehnte sich aber das königliche Bodenregal als Allmendregal vielfach auch auf die Allmende aus. Die Allmende selbst wurde ebenso wie die gemeine Mark mehr und mehr ausgebaut. Dies geschah durch Rodungen zur Gewinnung von Ackerland, durch. Neuansiedlungen (Rodung) und vor allem durch die Beunden (s. d.) der Grundherrschaften.

§ 2. Die A. stand ursprünglich der unbegrenzten ,,Nutzung" jedes Markgenossen offen, die durch Holzfällen, Viehweiden, Schweinemast (mastunga), Jagd und Fischerei, Gewinnung von Bodenbestandteilen erfolgte. Allenthalben erfolgte jedoch eine periodische Aufteilung einzelner Teile der A., insbesondere von Wald und Weide, wodurch sich die Nutzung des Einzelnen auf den ihm zufallenden Teil beschränkte. Wo sonst das Anwachsen der Bevölkerung eine Begrenzung der Nutzungen erforderlich erscheinen ließ, erfolgte diese in der Weise, daß jeder Vollhufe ein gewisser Nutzungsanteil zugemessen wurde, der die verschiedensten

Bezeichnungen trug wie mark, were, wara, wariscaph, scara, echtwort. Das Recht der Rodung oder des Steinbruchs war auch vielfach Beschränkungen unterworfen (s. Rodung).

In Gemeineigentum und Gemeinnutzung standen im oberdeutschen Gebirgsgebiet vielfach auch Alpen (s. d.).

Meitzen Siedelung I 162 ff. 464 ff. Inama-Sternegg DWG. 12 151 f. Lamprecht DWL. I 388 ff. 459 ff. Schröder

DRG.5 58 ff. 215 ff. Brunner DRG.I2 87 f. Hübner Grundzüge des deutschen Privatrechts 118 ff. v. Amira Recht2 119 f. Vgl. ferner die zu Agrarverfassung angeführten Werke von G. L. v. Maurer.

§ 3. Der englischen Sprache fehlt ein dem deutschen,,Allmende" entsprechendes Wort. Sachlich dagegen finden sich gemeinsame Äcker, Weiden, Wiesen und Wälder, insbesondere einzelner Dorfschaften, selten größerer Bezirke. Das Ackerland war wie auf dem Kontinent in Gewanne gegliedert (gedalland), diese in Streifen, die den einzelnen Hufen zugeteilt waren. Auch gemeinschaftliche Wiesen (gærstun) erscheinen ebenso jährlich aufgeteilt im. Verhältnis der Größe des sonstigen Bodenanteils der Dorfbewohner. Die einzelnen Streifen unterliegen der Sondernutzung bis zur Mahd (1. August), von wo ab die ganze Fläche gemeinsame Weide wird; bis dahin besteht auch eine Zaunpflicht der Anteilhaber. Für die Benutzung der ungeteilten Weide mögen hier schon früh Einschränkungen vorgekommen sein, die sich auf die Zahl und Art des aufzutreibenden Viehs, jene vielfach nach dem Überwinterungsfuß bemessen, bezogen. Am Wald bestand anfangs ein unbeschränktes Nutzungsrecht der Dorfbewohner, wie auch am Wasser. Es ist auch fraglich, ob dieses noch vor der normannischen Zeit allgemein eine Beschränkung erlitten hat. Insbesondere erfolgte die Waldnutzung durch Holzgewinnung und Schweineweide (denbera). s. Agrarverfassung § 31 ff.

Vinogradoff Growth of the manor 165 ff.; ders. Villainage in England 259 ff.; ders. English society 279 ff. Maitland Domesday book and beyond 340 ff. Nass e Feldgemeinschaft (passim).

§ 4. Die Allmende ist den drei kontinentalen skandinavischen Reichen be

kannt, ebenso Island (aschw. almenninger, adän. almænning, alminning, wnrd. almenningr). Die Erscheinungsformen aber sind vielgestaltige. In Vestgötaland erscheint eine Landsallmende (landsalmanninger), eine Hundertschaftsallmende (hæraps almanninger) und eine Dorfallmende (byar almæninnger), die Allmende aller Nachbarn (aldra granna a.) oder auch aller Männer (allra manna a.). Nur diese aber kennt die ältere Redaktion von Vestgötalag, vom Anfange des 13. Jahrhunderts; erst in der jüngeren Redaktion vom Ende dieses Jahrhunderts erscheinen jene, nachdem die Ausdehnung der Besiedelung die Begrenzung des harap wie des Volklands erforderlich gemacht und damit die Grenzen des gemeinschaftlichen Bodens nach außen gezogen hat. In den übrigen Ländern sind diese Abgrenzungen im 13. Jahrhundert noch nicht völlig durchgeführt, soweit sie überhaupt durchführbar sind, was z. B. in Helsingeland mangels Fehlen der Hundertschaft nur begrenzt möglich st oderi kein Bedürfnis bestand wie im Gebiet der Einzelhöfe; die mangelnde Notwendigkeit wird es auch gewesen sein, die in Norwegen eine solche Einteilung nicht aufkommen ließ und in Dänemark nur eine Abgrenzung der Dorfallmende erschließen läßt. dings ist dadurch nicht ausgeschlossen, daß insoferne Grenzen bestehen, als gewohnheitsrechtlich die Bewohner einer bestimmten Gegend auch nur in einem bestimmten Umkreis das nicht zu Sondereigentum ausgeschiedene Land nützen und andererseits die Nutzung durch andere Personen als Eingriff in ihre Rechte betrachten. Nur darf man nicht vor dem 13. Jahrhundert, in Schweden sogar 14. Jahrhundert an durchgebildete Eigentumsrechte denken, die sich eben erst allmählich, zunächst in der Dorfallmende, entwickelt haben.

Aller

§ 5. Auch hier war die Nutzung der Allmende zuerst eine unbeschränkte. Gleiche Gründe aber wie auf dem Kontinent haben zu Beschränkungen geführt, dem,,gesetzlichen (Wald-) Schlag" (laghahug) des Vollbauern entsprechend stufte sich in Schweden die Waldnutzung nach dem Grundbesitz ab, und,,nach Unzen und Pfennigen" (aplir grum ok ortoghum) wird.

die Zahl der vom Einzelnen einzutreibenden Schweine festgelegt. Ein Mindestmaß von Grundbesitz war in Schweden Voraussetzung für die Allmendenutzung; unter diesem war da und dort gestattet, aus dem Wald zu nehmen, was man selbst mitnehmen konnte (kalkædræt). Andere Gründe mögen bei der gesetzlichen Schonung von Eiche und Hasel mitgewirkt

haben. Auch in Dänemark bestimmt sich das Allmendnutzungsrecht nach der Größe des Grundbesitzes im by. Dagegen fehlt jede Beschränkung in Norwegen; abgesehen von denen, die das hier noch intensiver als in Dänemark ausgebildete Recht des Königs am Wasser und allem unbebauten Land mit sich brachte (s. Königtum).

Eine besondere Art gemeinschaftlicher Nutzung der Allmende (Landesallmende und Hundertschaftsallmende) war erbliche Verpachtung von Allmendland gegen einen Pachtzins (landskyld, afgæld, afrap) an einen almeningskarl oder almænings landboa. Andererseits konnte es, wenigstens in Schweden, zu einer Aufteilung eines Gemeindewalds kommen.

v. Amira Obl.-R. I 607 f. 628 f. Haff Die dänischen Gemeinderechte I. II. Matzen Forelæsninger, Tingsret 33 ff. Keyser Efterladte Skrifter II 329 ff. Brandt Forelæsninger I 240 ff.

Beauchet Histoire de la propriété

foncière en Suède 60 ff.

v. Schwerin. Allod. Als alodis (alaudis) bezeichnete man in fränkischer Zeit das in vollem Eigentum stehende Vermögen im Gegensatz zu dem in Gesamteigentum stehenden Gut, dem Verfügungsbeschränkungen unterworfenen Gut und zum Leihegut, was dem Wortsinn entspricht (Zusammensetzung aus al 'ganz' und od 'Eigentum'.) Damit hängt innerlich zusammen, daß es auch die Bedeutung 'Erbschaft', später auch 'Immobiliarerbe' besitzt und als Erbgut in Gegensatz zum Kaufgut gestellt wird und die Miterben allodiones heißen. Das Wort beschränkt sich auf fränkisches und von dort beeinflußtes Gebiet.

Gierke Allod in,,Beiträge z. Wörtb. d. deutschen Rechtssprache" 103 ff. v. Amira Erbenfolge 2 f. v. Grienberger IF. 26 Anz. 33. Brunner DRG. I2 309. Inama- Sternegg DWG. I 2 139 ff. DWL. I 748f.

Hoops, Reallexikon. I.

Lamprecht

v. Schwerin.

Almandinen sind Halbedelsteine aus der Gruppe der Granaten, also blutrote, hyaline Kristalle. In spätrömischer und noch mehr in der Vörkerwanderungszeit fanden sie häufige Verwendung als Einlagen in Fibeln, Schnallen, Ringen, Schwertknöpfen usw. In Skandinavien ist diese Schmuckart im Gegensatz zum Kontinente ziemlich selten, am meisten kommt sie hier auf Schwertknöpfen und kleinen Schmuckknöpfen als émail cloisonné vor. B. Schnittger.

Aloe (§ 1), das bekannte drastische Abführmittel, das aus dem bittern Saft der fleischigen Blätter verschiedener Aloe-Arten gewonnen wird und wegen seiner nicht nur abführenden, sondern zugleich wärmenden und anregenden Einwirkung auf Magen und Unterleib schon im Altertum geschätzt und vielfach gebraucht wurde. Zuerst von Dioskorides III 22 erwähnt, wird es von ihm wie von Plinius (NHist. 27, 14-20), Galen u. a. außer als Purgativ auch als Mittel gegen Kopfweh und Augenleiden, ferner als zusammenziehendes Heilmittel bei Verwundungen, Entzündungen und Geschwüren gepriesen. Die beste Aloe kam nach Plinius aus Indien, doch wurde auch in Kleinasien, Syrien, Arabien und Ostafrika A. gewonnen. Die Beschaffenheit der Droge ist je nach der Art der Zubereitung und der angewandten AloeSpezies verschieden. Als beste Sorte galt die durch schnelles Eindampfen gewonnene undurchsichtige, leberfarbige Aloe, schon von Dioskorides atov genannt, die aloe hepatica der mittelalterl. Glossare und der Apotheken.

§ 2. Aus der antiken Medizin ging die A. in die mittelalterlich-germanische über und hat sich bis in die Gegenwart behauptet. Daß sie in Deutschland (ahd. mhd. aloe, s. Björkman ZfdWortf. 6, 176) schon im 10. Jahrh. als Abführmittel bekannt war, ergibt sich aus Richers Hist. III 96, wo als Ursache von Kaiser Ottos II. Tod (983) angegeben wird, daß er gegen Verdauungsbeschwerden und Verstopfung, um schnell gesund zu werden, zu viel A. genommen habe, was einen anhaltenden Durchfall und heftigen Blutfluß zur Folge hatte. § 3. In den angelsächsischen Arzneibüchern des 10. und 11. Jahrhs.

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wird A. (alwe) außer als Abführmittel (Læceboc II 27 bei Cockayne, Leechdoms) und bei Verdauungsstörungen und Magenbeschwerden (Lcb. II 3. 14. 16, 1. 29) auch sonst vielfach verschrieben, so als Speimittel (Lcb. II 52, 1. 2), zu Kopfsalbe (Lcb. II65, 5 und Lacnunga I bei Cockayne), Augensalbe (Lacn. 16), gegen Herzweh (Lcb. I 17, I = Lacn. 114; Lcb. II 1, 1. 16, 1), gegen Lähmung (II 59, 4) und als Schlafmittel (Lcb. II 30, 1, wo von alwan leaf 'Aloeblättern' die Rede ist). Es sind im wesentlichen dieselben Leiden, gegen die sie schon von den Alten empfohlen wurde. $ 4. Über die Verwendung der A. in der alt nordischen Heilkunde haben wir keine Nachricht.

Hoops.

Aloeholz (lignum Aloes). § 1. Dieses im Altertum und MA. berühmte Räucherwerk hat mit dem Abführmittel Aloe (s. d.) nichts zu tun, ist vielmehr der Name verschiedener wohlriechender Hölzer, insbesondere der hinterindischen Aquilaria Agallochum Roxb. Das Agallochumholz galt schon im Alten Testament (hebr. 'ahālīm oder 'ahālōt) als kostbares Räuchermittel und wurde in Europa zuerst von Dioskorides I 21 als ¿yáλoyov beschrieben. (Über den vermutlichen Zusammenhang dieses Namens mit dem hebr. und mit dem aind. agaru, aguru s. Schrader Reallex. sv. Aloe.) In spätgriech. Zeit wurde dann. der Name aón auf das áɣáλoyov-Holz übertragen (uaλón), vielleicht weil auch dieses offizinell verwandt wurde (s. Rosenthal Synopsis Plantarum diaphoricarum 243), und weil man irrtümlich annahm, daß die gleichfalls orientalische Aloe-Droge aus dem áɣáλoyov-Holz gewonnen werde.

§ 2. Ob das lignum Agallochi schon im frühen MA. in Nordeuropa bekannt war und offizinell oder zu Räucherzwecken gebraucht wurde, wissen wir nicht. Wenn in dem unter Aloe § 3 zitierten angelsächs. Rezept Lcb. II 65, 5 murre and alwe, libania, d. h. Myrrhen, Aloe und Weihrauch als Ingredienzien zu einer Kopfsalbe genannt werden, könnte die Zusammenstellung der Aloe mit zwei aromatischen Stoffen den Gedanken nahelegen, daß hier das wohlriechende lignum Agallochi gemeint ist; doch wird die bittere

Aloe schon bei Plinius 27, 17 als Mittel gegen Kopfweh empfohlen.

§ 3. Um 1200 ist das Aloeholz als Räuchermittel sicher bekannt: in Wolframs Parzival wird in der Gralsburg als kostbarer, wohlriechender Brennstoff lign āloẻ verbrannt, dessen Rauch die Schmerzen des kranken Anfortas lindern soll. Weitere Belege b. Schade.

Schade Ahd. Wb. 1389-91. Husemann Z. f. Chirurgie 54, 522-24 (1900), mit weiterer Lit. Schrader Reallex. unt. 'Aloe'. Hoops.

Alp (§ 1) ist im deutschen Volksglauben die verbreitetste Bezeichnung für den Druckgeist, der Menschen und Tiere im Schlafe quält. Im Mhd. hatte alp (pl. elbe) noch die umfassendere Bedeutung 'boshafter, neckender Geist'; seit Luther hat sich der Begriff immer mehr verengt und das vordem allgemein gebräuchliche ,,Mahre" (s. d.) verdrängt. Andre, örtlich begrenzte Namen für diesen Druckgeist sind Trude (bes. in Bayern), Stempe (Tirol), Schrättele, Rätzel (Schwaben), Toggeli (Elsaß), Walriderske (Oldenburg); der engere Begriff des Wortes ist von Mitteldeutschland ausgegangen. Es ist dasselbe mythische Gebilde, das bei den Griechen als Ephialtes, bei den Römern als Incubus begegnet. Veranlassung zu ihm hat die unbehagliche Beklemmung gegeben, die durch Stockung des Blutes nach allzureichlicher Mahlzeit und in dumpfer Luft bei Schlafenden erzeugt zu werden und Herzklopfen und Angstschweiß hervorzubringen pflegt (vgl. Liebrecht, Gervasius v. Tilbury S. 143 ff.).

§ 2. Nach volkstümlicher Auffassung drückt, tritt oder reitet der Alp den Menschen; daher Alpdrücken. Er setzt sich ihm auf die Brust oder den Hals und drückt ihm die Kehle zu; zuweilen saugt er an seiner Brust oder steckt die Zunge in den Mund des Schlafenden, so daß dieser nicht schreien kann. Aber auch Tiere, besonders Pferde quält er, so daß deren Haare am Morgen ganz zerzaust sind und sie am ganzen Körper schwitzen. Kühen saugt er die Milch aus. Selbst Bäume drückt der Alp; die pflegen dann zu zittern und schließlich einzugehen.

§ 3. Mannigfach sind die Gestalten, in denen sich die Volksphantasie diesen Druckgeist denkt. Eine ganze Alpfauna läßt sich aufstellen: bald erscheint er als Bär, Geißbock, Katze, bald als Aal oder Schlange oder als Kröte, wonach er auch Lork (Westfalen) heißt, oder Maus, besonders häufig aber als Nachtschmetterling oder Nachtschwalbe. Hierin gibt sich die Alpmythe als Gebilde des Seelenglaubens zu erkennen. Nach einer in Thüringen u. a. O. verbreiteten Sage verläßt die Seele in Gestalt einer Maus den Körper des schlafenden Mädchens und drückt während ihrer Abwesenheit den Geliebten (Grimm DS. I 294 f.). Der Glaube, daß der Alp die wandernde Seele lebender oder toter Menschen, besonders der Geliebten oder einer Hexe sei, ist über ganz Deutschland verbreitet. Daher findet man ein schönes Mädchen oder eine alte Frau im Gemach, wenn man dem Alp den Ausweg, das Schlüsselloch oder eine Wandspalte, versperrt hat.

oft

§ 4. Um den Alp fernzuhalten, bedient man sich verschiedener Mittel. Da er nur durch Risse oder Schlüssellöcher ins Gemach kommt, verstopft man diese, wenn er da ist, um ihn so zu fangen. Vermutet man eine bestimmte Person in dem Alp, so ruft man sie dreimal mit ihrem Namen. Früher bediente man sich vielfach der Besprechungsformeln gegen den Alp. Am Bett oder der Türschwelle des Gemachs pflegt man den Drudenfuß (s. d.) oder das Kreuz anzubringen; unter das Kopfkissen legt man spitze Gegenstände (Messer, Schere) oder auf die Brust die nach oben gekehrte Sichel. Auch Pflanzen (Allermannsharnisch, Dürrwurz u. a.) halten den Alp fern.

Laistner Das Rätsel der Sphinx 1889. Roscher Ephialtes 1900. Wuttke Volksaberglaube § 402 ff. E. H. Meyer Myth. d. Germ. 122 ff.

E. Mogk.

Alpenpässe. § 1. Die übertriebenen Vorstellungen, die man früher über die Benutzung der Alpenpässe im Altertum hegte, sind durch neuere Forschungen auf ein bescheideneres Maß zurückgeführt worden. Man nahm schon für die Hallstattzeit und weiter auch für die ältere La Tène-Zeit einen anfänglich geringen, später

stärker werdenden Verkehr der Etrusker über die Alpen nach dem Norden hin an (Genthe). Indessen zeigt schon das Verhalten der griechischen Kolonisation an der Adria und der ligurischen Küste, daß der Verkehr über die Alpen nicht bedeutend genug war, um die Griechen zu größeren kolonisatorischen Anstrengungen zu locken. Erst jenseits des Südendes der Westalpen, an der Rhonemündung, und weiter westwärts die Küste entlang fand die griechische Kolonisation ein bequemeres und lohnendes Arbeitsfeld. Massalia wurde für West- und Nordwesteuropa die Importstelle der Erzeugnisse Etruriens u. a. Mittelmeerländer. Von Südosten drang der Handel die Donau aufwärts in Mitteleuropa ein. Dagegen lehren die Münzfunde, daß im allgemeinen der Alpenkamm die Grenze der italischen Währung in der vorrömischen Zeit bildete.

§ 2. Andererseits kann darüber kein Zweifel herrschen, daß es seit früher Zeit in den Alpen Verbindungswege und Paßverbindungen über sie gab. Die Römer knüpften, wie sonst vielfach bei ihren Straßenbauten, so auch bei ihrem Ausbau der Alpenstraßen an die älteren Pfade, Wege und Pässe an. Erst unter Augustus begann der systematische Ausbau der Alpenstraßen. Die vom Handel, speziell dem norditalisch-etruskischen, am frühesten benutzten Alpenpässe scheinen die niedrigIsten d. h. die östlichen und in die österreichischen Länder führenden gewesen zu sein. Im Osten bauten die Römer die Straße über den Birnbaumer Wald (520 m) nach Laibach (Emona), Oberlaibach (Nauportus), Pettau (Poetovio) und Cilli (Celeia) aus. Von dem Ausgangspunkt dieser niedrigsten Paßstraße, Aquileja, liefen nordöstlich die Paßstraßen über den Saifnitz (Pontebba-) Paß (797 m) und den Plöckenpa B (1360 m) Die ältere von ihnen war die über den Plöcken. Die Bewohner des Gailtales am Nordabhang des Plöcken standen schon im 4. Jh. v. Chr. südwärts über den Paß in Verkehrsverbindung mit den Venetern. Nach Norden fortgesetzt wurde die Plöckenstraße in der späteren Kaiserzeit und führte über den Radstädter Tauern nach Salzburg. Dagegen fand der

aus.

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