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doppelt ausgeschrägten Fenstern und den Mittelmauer-Säulenschäften (Abb. 40) die unterscheidenden Kennzeichen der dritten angelsächsischen Periode. Sie gehört jedoch in den Anfang der Periode und mag im 10. Jh. erbaut worden sein; denn das jetzige oberste Geschoß des Turmes stammt aus späterer Zeit als die andern Teile, gehört aber noch der angelsächsischen Periode an.

bogen in der östlichen Mauer des Turmes | Barton-on-Humber ist jünger als diese und in einen kleinen angefügten Priesterraum | zeigt in ihren dekorativen Lisenen, ihren führte. Das hervorragendste Beispiel ist die St.-Peters-Kirche zu Barton-on-Humber in Lincolnshire. Gegenwärtig sieht man an der Stelle (Abb. 36) eine geräumige, spätmittelalterliche Kirche mit Seitenschiffen und einem vierseitigen sächsischen Westturm und westlich von diesem wieder eine Art Anbau, zu dem man den Zugang vom Turm aus hat und der bloß als Rumpelkammer benutzt wird. Um das Aussehen der Kirche, wie sie in sächsischen Zeiten war, wiederherzustellen, muß man das gegenwärtige Mittelschiff wegdenken und einen kleinen Chor östlich von dem Turm an seine Stelle setzen, der in Größe und Lage dem soeben erwähnten westlichen Anbau entspricht. Die Abbildungen 37 u. 38 geben.uns eine Ansicht und einen Plan der Kirche in ihrer damaligen Beschaffenheit, während Abb. 39 die östliche Vorderseite des Turmes zeigt, wie sie erschien, als sie im Jahre 1897 infolge einiger Änderungen ihres Verputzes beraubt wurde. Es wurden damals die unverkennbaren Spuren der Seitenmauern des ursprünglichen Chors entdeckt, und Ausgrabungen unter dem Fußboden ermöglichten es, seinen Grundriß wieder herzustellen, wie ihn Abb. 38 veranschaulicht. Zu beachten ist die Dünne der Mauern: 76 cm; die Mauern des Turmes sind nicht dicker als die der Anbauten, obgleich die letzteren viel niedriger waren. Auch die mangelhafte Aufführung der Fundamente des westlichen Anbaues ist bemerkenswert, da cine solche Nachlässigkeit unter den angelsächsischen Baumeistern ganz gewöhnlich war. Es gibt andere Beispiele desselben Schemas, die daran erkannt werden können, daß die Bogenöffnung östlich vom Turm an ihrer westlichen Vorderseite innerhalb des Turmes verziert ist, aber viel einfacher an ihrer östlichen Vorderseite, wo sie sich innerhalb des ursprünglichen kleinen Chors befand. Dies ist der Fall in Broughton, nicht weit von Barton in derselben Grafschaft Lincoln. Eine kontinentale Parallele findet sich in Deutschland in Werden a. d. Ruhr, wo nach der Darlegung Effmanns (Die Karol. -Otton. Bauten zu Werden, S. 168) ein derartiger Bau um 900 errichtet wurde. Die Kirche zu

§ 31. Von dem Turm, der den Hauptteil der Kirche bildete, können wir uns nun der Betrachtung der einigermaßen komplizierten, aber interessanten Frage des westlichen Turmes zuwenden. Westtürme sind in der angelsächsischen Baukunst zahlreicher als irgendeine andere architektonische Form vertreten. Es sind ihrer etwa fünfundsiebzig an der Zahl, und die Tatsache, daß mehr als sechzig den östlichen Gegenden Englands angehören, hat Anlaß zu einer Vermutung gegeben, auf die wir kurz eingehen müssen. Die westlichen Türme sind besonders zahlreich in Lincolnshire, wo sich ihrer ungefähr dreißig finden, und der Name,,Lincolnshire-Türme" wird oft von ihnen gebraucht. Nun war Lincolnshire eine Gegend, die den Angriffen der Wikinger besonders ausgesetzt war, und da es cine anerkannte Tatsache ist, daß die Wikingereinfälle in Irland die bestimmende Ursache für die Errichtung der irischen runden Türme waren, so ist darauf hingewiesen worden, daß die Westtürme des 'Lincolnshire'-Typus einen ähnlichen Ursprung gehabt haben und als Zufluchtsoder Verteidigungsstätten bei Anlaß von Wikinger-Raubzügen gedient haben mögen. Die Chronologie steht dieser Theorie i Wege, weil, wie wir später sehen werden, die erhaltenen Lincolnshire - Türme sehr späten Stils sind und zu einer Zeit erbaut wurden, wo die Wikinger-Einfälle vorüber waren. Überdies, wenn der erste Zweck bei der Errichtung von Türmen dieses Typus Zuflucht oder Verteidigung gewesen wäre, so würde das Aussehen der noch vorhandenen Bauten den Ursprung und den Zweck ihrer Urbilder verraten haben. Es würde irgend etwas an ihnen gewesen sein, was auf eine Benutzung für Zufluchtsund Verteidigungszwecke hingewiesen hätte.

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Englische (Angelsächsische) Baukunst.

34. Ansicht von Dunham Magna. Norfolk.

35. Grundriß von Dunham Magna. 36. Die Peterskirche zu Barton-on- Humber in der heutigen Gestalt.

Reallexikon d. germ. Altertumskunde. I.

Verlag von Karl J. Trübner in Straßburg.

Die irischen Rundtürme bewahren durchaus die besondern Merkmale, die ihren ursprünglichen Zweck dartun: das solide. Fundament und den Türeingang auf einem oberen Niveau, den man nur mittels einer beweglichen Leiter erreichen kann. Nun haben alle angelsächsischen westlichen Türme von dem 'Lincolnshire'-Typus Turmbogen von geräumigen Dimensionen, die auf dem Untergeschoß in das Mittelschiff führen, und etwa die Hälfte von ihnen hat auch äußere Türeingänge auf demselben Niveau. Demnach konnte ein Feind immer Zutritt in das Untergeschoß des Turms erlangen, und wenn dies geschehen, so hatte er das ganze Gebäude mit allem, was darin war, in seiner Gewalt. In keinem andern Falle, als in dem von Monkwearmouth (wo der untere Teil wirklich eine westliche Vorhalle ist), ist das Untergeschoß des Turms in Stein gewölbt, und hölzerne Fußböden würden den Leuten in den oberen Geschossen keinen Schutz gewähren; sie konnten von unten aus durch Feuer oder Rauch angegriffen werden. Aus der Tatsache, daß einige angelsächsische westliche Türme im Grundriß rund sind, kann man keinen Zusammenhang zwischen ihnen und den runden Türmen Irlands herleiten. Solche angelsächsische runde Türme kommen hauptsächlich in Norfolk und Suffolk vor, was der Tatsache zuzuschreiben ist, daß in diesen Gegenden Quadern für die Ecksteine, mit denen es die angelsächsischen Baumeister immer genau nahmen, nicht zur Verfügung standen. Überhaupt ist es am besten, jeden Gedanken, der die Kirchtürme des angelsächsischen Englands mit Zufluchts- oder Verteidigungstätten in Verdindung bringt, gänzlich aufzugeben.

§32. Es ist bereits gesagt worden, daß die meisten der existierenden Türme dem Stil nach einer ganz späten Zeit angehören. Ein paar sind jedoch älteren Datums, und im Zusammenhang mit diesen müssen wir den Ursprung und die Bestimmung der Einrichtung genauer prüfen.

§ 33. Welche Ansicht wir auch immer über die frühe Geschichte des Turms in der christlichen Baukunst hegen mögen, so kann es wenig zweifelhaft sein, daß das Bedürfnis, einen Zugang zu den oberen

Geschossen zu schaffen, auf jeden Fall ein Motiv war, das einen Anstoß zur späteren Turmbauart gab. Über die Bedeutung des Zentralbaus in der allgemeinen Entwicklung der christlichen Baukunst haben wir bereits gesprochen. Nun wird in den alten Zentralbauten, wie S. Lorenzo in Mailand und S. Vitale in Ravenna, der Zugang zu den Galerien über den konzentrischen Seitenschiffen rings um den Mittelraum durch Treppen. in vorspringenden Treppentürmchen vermittelt, und dieselbe Einrichtung erscheint etwas später in Karls des Großen Münster in Aachen. Sowohl hier, wie in S. Vitale grenzen die Treppentürmchen seitlich an einen vorspringenden westlichen Anbau, und in Aachen wurde dessen Obergeschoß, das mit den Galerien gleiches Niveau hatte, anscheinend für irgend welche welche zere

moniellen Zwecke benutzt. Es war ein sehr natürliches Verfahren, diesen westlichen Anbau mit seinen angrenzenden Treppentürmchen auf ein noch höheres Niveau zu führen, um auf diese Weise dem ganzen Gebäude eine imponierende Fassade zu verschaffen, während auf den oberen Stockwerken der Treppentürmchen der nötige Raum für die Glocken gefunden wurde, die zu jener Zeit in beträchtlicher

Größe gegossen wurden. Über Aachen

finden wir hierzu eine lehrreiche Stelle

in MGS. II 744. In diesem westlichen Vorbau zu Aachen kann man die Elemente von vielem, was die künftige Bauart des Turmes ausmacht, unterscheiden. Wenn die beiden seitlich angrenzenden Treppentürmchen in eine mehr hervorragende Stellung gebracht werden. und der mittlere Teil zwischen ihnen entsprechend reduziert wird, so ist das Ergebnis davon die doppeltürmige Fassade mit Vorhalle und westlicher Galerie zwischen den Seitenpartien, die in dem vorgeschrittenen romanischen Baustil in allen Ländern nördlich der Alpen so allgemein ist. Wir haben ein Zeugnis wenigstens für ein Beispiel dieses Schemas in angelsächsischer Zeit in der vornormannischen Kathedrale zu Exeter, deren westliche Fassade in dieser Form auf einem gravierten Siegel dargestellt wird. Wenn hingegen der mittlere Vorbau selbst be

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Englische (Angelsächsische) Baukunst. 38. Barton-on-Humber, 37. Barton-on-Humber, ursprüngliche Gestalt in der angelsächsischen Zeit. ursprünglicher Grundriß. 39. Westliche Mauer der heutigen Kirche zu Barton-on-Humber. 40. Fenster im Turm zu Barton-on-Humber.

Reallexikon d. germ. Altertumskunde. I.
Hoops, Reallexikon. I.

Verlag von Karl J. Trübner in Straßburg.

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