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genus omnino nennt es Jordanes Get. 5, homines humanissimi Ad. v. Bremen 4,18 bringt Müllenhoff a. a. O. auch den Namen Aestii Aesti zusammen, den er nach got. aistan 'aestimare' als 'die Achtbaren, Ehrenwerten' versteht. Er könnte aber auch zu ags. ast (engl. oast), ndl. eest 'Darre' gehören und die bezeichnen, die in den Getreidedarren oder Riegen wohnen, in die man sich bei den aistischen Stämmen in der kalten Jahreszeit in der Tat einzuquartieren pflegt. Mittelbar hienge

dann der Name mit dem von Tacitus ihnen zugeschriebenen fleißigeren Betrieb des Ackerbaus zusammen.

§ 4. Das Verhältnis der aistischen (baltischen) Sprachen zum Germanischen ist dem der slavischen zu diesem sehr ähnlich, sowohl was Aufnahme germ. Kulturworte als auch alte Verwandtschaftsbeziehungen anbelangt. Untereinander zeigen Aistisch (Baltisch) und Slavisch beides Satem-Sprachen sehr viele Übereinstimmungen; doch führt es zu Irrtümern, wenn von Lituslavisch gesprochen wird. Eine lituslavische Spracheinheit hat es nie gegeben; das zeigen Übereinstimmungen des Slavischen mit dem Arischen wie der Wandel von s zu š nach i, u, r, k, an dem das Aistische keinen Anteil hat.

Zeuß 267 ff. 667 ff. Müllenhoff DA. 2, 11 ff. Hirt Indogm. 1, 125 ff. Zur Sprachverwandtschaft vgl. auch die bei Bremer Ethn. 26 angegebene Literatur. R. Much.

Alaesiagae. Zwei von den Friesen verehrte weibliche göttliche Wesen, die in enger Beziehung zu dem Mars Thincsus (s. d.) standen.

E. Mogk.

Alba, ein Gebirge in Süddeutschland (Hist. Aug. Prob. 13); dasselbe wird bei Ptol. II II, 5 als τὰ ὁμώνυμα τοῖς Αλπείοις ὄρη bezeichnet. Gemeint ist die Schwäbische Alb (a. 826 Alba Suevorum). Der Name ist von Haus aus derselbe wie Alpes, da in diesem p kelt. mundartlich aus b entwickelt ist (s. Thurneysen Keltorom. 9). Die ältere Form mit b zeigt auch noch das unmittelbar aus dem Keltischen entlehnte, entweder aus einem dem Gebirgsnamen zugrunde liegenden Appellativ oder erst aus jenem

geflossene mhd. albe 'Bergweide' samt seinen mundartlichen Fortsetzungen. Nhd. Alpe ist von lat. Alpes aus in Schreibung und Aussprache gelehrt beeinflußt.

R. Much.

Alberich oder Elberich (§ 1.)ein kühner, listenreicher Zwerg, der besonders im Nibelungenlied und im Ortnit begegnet. Er ist König in der Lombardei, ist alt und graubärtig (NL. B. 497; O. 241), ist ein trefflicher Schmied (O. 113) und schenkt als solcher Ortnit eine gute Rüstung (O. III f. 176). Er kann sich unsichtbar machen, wozu ihm seine Tarnkappe verhilft (NL. 97). Daher leistet er jederzeit seinem Sohne Ortnit, den er unerkannt mit der Gemahlin des älteren Ortnit erzeugt hat, Beistand, wenn dieser ihn durch den vom Vater geschenkten Zauberring begehrt (O. 308, 325, 354 f., 366 u. öft.).

§ 2. Im Nibelungenliede ist Alberich. der Dienstmann der Könige Schilbung und Nibelung, der nach dem Tode seiner Herren den Kampf mit Siegfried aufnimmt, von diesem besiegt und zum Kämmerer des Nibelungenhortes eingesetzt wird (NL. 96 ff.). In diesem Kampf entwand ihm Siegfried die Tarnkappe. Nach Siegfrieds Tode muß er den Hort den Burgundenkönigen ausliefern (NL. 1118 f.).

§ 3. In der þiðrekssaga, nach der Alfrikr der beste Schwertschmied, aber ein berüchtigter Dieb ist, wird A. von Dietrich. im Kampfe besiegt und muß ihm das treffliche Schwert Naglhring verschaffen, das im Besitz eines außergewöhnlich starken Ehepaars ist (þiðr. S. Kap. 16 und 17).

§ 4. Die Sage von A. ist ursprünglich eine selbständige Zwergsage, die in mannigfacher Veränderung in den verschiedenen mhd. Dichtungen Aufnahme gefunden hat (vgl. ZfdA. 26, 201 ff.).

E. Mogk.

Albis ist der in lat. und griech. Quellen überlieferte alte Name der Elbe. Nach Tacitus Germ. 41 entspringt der A. im Land der Hermunduren, was wohl eine Reminiszenz an die Zeit ist, da diese östlicher saßen (s. Hermunduren), gewöhnlich aber aus Verwechslung von Elbe und Saale erklärt wird. Ptolemäus

verwechselt Moldau und Elbe; richtig entspringt sie dagegen nach Dio Cass. 55, I aus den Οὐανδαλικὰ ὄρη.

Der Name, der im Germ. immer Fem. war und got. *Albi, Gen. *Albjōs lauten würde, deckt sich mit dem anord. Appellativ elfr 'Fluß'. Doch haben wohl auch die Boier in Böhmen die Elbe so wie die Germ. benannt; der Name wird keltogerm. sein; vgl. den Fluß Albis beim Kosmographen von Rav., später Alba, jetzt Aube, Nebenfluß der Seine. Aus dem Germ. entlehnt ist slav. Labe.

R. Much.

Alboin, der Langobardenkönig, gest. 572, trat in die Heldensage ein. Paulus Diaconus I 27 sagt von ihm aus, seine Freigebigkeit und seine Kriegstaten würden immer noch bei Bayern, Sachsen und ihren Sprachverwandten in Gedichten gefeiert (carminibus celebretur). Der Wids. 70-74 kennt Ælfwine in Italien und rühmt ihn als den Allerfreigebigsten. Zusammen mit jenem Zeugnis erlaubt dies den Schluß, daß A. als Gestalt der Heldendichtung den Ags. bekannt geworden war, offenbar erst in der britischen Heimat. Das nordhumbrische Königshaus im 7. Jahrh. zeigt Eadwine und Elfwine als Großvater und Enkel. Von dem, was P. Diac. über A. erzählt, weisen zwei in sich geschlossene Begebenheiten auf poetische Gestaltung:

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1. A. und Turisind. A. soll sich, um conviva seines Vaters Audoin zu werden, von einem fremden Fürsten wehrhaft machen lassen: als solchen wählt er den Gepidenkönig Turisind, dessen Sohn Turismod er vor kurzem in der Schlacht gefällt hat. Schon diese Voraussetzung sieht nach heroischer Erfindung aus. folgenden wird Turisind, eine mit Wærmund und Hredel zu vergleichende Gestalt, die Hauptperson: in seiner Seele. liegt der Konflikt zwischen der 'fides', die er dem als Gast aufgenommenen A. schuldet, und dem racheheischenden Schmerz um den getöteten Sohn. Die Replik 'lieb ist mir der Platz, aber gar leid anzusehen der Mann, der drauf sitzt' (eine Halbstrophe), hat die echte Spannung der Heldenpoesie. Am Schluß preisen die Langobarden A.s audacia und T.s maxima fides. Es ist keine Sippenfehde,

aber auch keine politische Aktion; die Schlacht auf dem Asfeld gehört zur Vorgeschichte, die Handlung selbst bewegt sich um ein seelisches Problem. Unser Text läßt manche Fragen offen; wie war der Liedstoff begrenzt, bei wem nahm der Dichter seinen Standpunkt? Wie hing es mit Turisinds überchristlicher Großmut eigentlich zusammen? Diese Unsicherheit gilt noch viel mehr von:

2. A. und Rosemund. Hier blickt nur in einzelnen Momenten dichterische Gestaltung durch, namentlich in A.s Replik,, . . eam ut cum patre suo laetanter biberet invitavit" (Kögel:,,frawalicho trinc mit fater dinemo!"). Rosemund, von dem Chronisten als die 'muliercula ad omnem nequitiam facilis' gezeichnet, war die tragische Heldin: als die Vaterrächerin, die ihre Frauenehre der Rache opfert, hat sie ihre nächste Verwandte in Signý (s. Volsungar); vgl. im übrigen die rächenden Frauen Ynglinga saga c. 19. 48 (Vaterrache), Kriemhild, Hildina in der shetl. Ballade, Yrsas Mutter (s. Skioldungar A 4). Die Rosemund des Liedes mußte, so sollte man denken, mit dem Abschiedsworte der Signý aus dem Leben gehen. Die intrigenreiche Fortsetzung bei dem Chronisten, mit R.s Flucht, Buhlschaft und Ende, fällt aus der Rachesage jedenfalls heraus und folgt historischer Legende. Eine spätmittelalterliche Ballade mit gleichem Hauptmotiv (die Verräterin muß das dem Liebhaber zugedachte Gift trinken) vermag ein altlangobardisches Heldenlied. von R.s Tod kaum zu bezeugen.

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Von anderen Langobardennamen bringt der Wids. 117 Eadwine und Ægelmund: Audoin (gest. c. 560) und Agelmund, der erste König des Volkes, ex prosapia Gungingorum. Die dem Eormanric als Gattin zugeführte Ealhhild (Z. 5 ff.), Eadwines Tochter (Z. 98), ist der langob. Überlieferung fremd. - Außer den zwei A.-sagen käme bei P. Diac. am ersten die Geschichte von Rumetrud, I 20, als heroischer Stoff in Rechnung. Auch hier biegt die Fortsetzung, die Heruler-Feldschlacht, in die ausgeschmückte Historie um: der Späherbericht an den brettspielenden König und die Täuschung durch die blauen Flachsfelder wären wohl auch

in einem germ. Heldenliede, nicht bloß in einem lat. Mimenstück vorstellbar; aber eine Einheit mit der unpolitischen, leidenschaftlichen Rumetrudszene bildet es augenscheinlich nicht. S. ferner u. Rother. Wieweit es die langob. Sagen zu zyklischer Gruppierung gebracht hatten, wissen wir nicht. In die mhd. Epik haben sie sich nicht herübergerettet. Den Nordländern blieben sie unbekannt.

Uhland Schriften 1, 461 ff. Kögel Lit. 1, 117 ff.; PGrundr. 2, 60. Ker Epic and Romance (1897) 78 ff. Bruckner ZfdA. 43, 55. Olrik DgF. Nr. 345. A. Heusler. Albruna, der von Wackernagel (Schweiz. Museum f. hist. Wiss. I 109) und Müllenhoff (Zur Runenl. 51 ff.) konjizierte Name einer altgermanischen Seherin, die nach. Tacitus Germ. 8 einst in hohem Ansehen gestanden hat. Man vermutet, daß sie zur Zeit des Drusus gelebt habe. Die überlieferte Form des Namens ist Aurinia.

E. Mogk.

Alci, ein bei den ostgermanischen Nahanarvalen göttlich verehrtes Brüderpaar, dessen nur Tacitus (Germ. 43) gedenkt und das er mit Kastor und Pollux vergleicht: apud Nahanarvalos antiquae religionis lucus ostenditur. praesidet sacerdos muliebri ornatu, sed deos interpretatione Romana Castorem Pollucemque memorant. ea vis numini, nomen Alcis. nulla simulacra, nullum peregrinae superstitionis vestigium; ut fratres tamen, ut juvenes venerantur. Der Name ist dunkel; wahrscheinlich hängt er zusammen

genannt. Damals hatte Kaiser Caracalla mit ihnen, deren Volkszahl und Tüchtigkeit im Reiterkampf hervorgehoben wird, in der Nähe des Mains zu kämpfen.

Die Frage nach der Herkunft des Volkes ist sehr verschieden beantwortet worden; s. Baumann Forsch. z. deutsch. Gesch. 16, 215 ff., Forsch. z. schwäb. Gesch. 500 ff. Am glaubwürdigsten ist die Herleitung ihres Kernes wenigstens von den Semnonen. Eine Quelle scheint diesen Ursprung sogar unmittelbar zu bezeugen. Wenn es Fragm. ap. Suid. ed. Kuster 2, 294 heißt: οἱ λεγόμενοι Γερμανοί (das sind hier die Franken) .... οἳ κατέθεον τὴν γῆν τῶν ̓Αλβανῶν, οὓς καὶ Σήνωνας καλοῦσιν, scheint hier Zéuvovas gemeint, dieser Name aber unter dem Einfluß des gallischen der Senones beide werden öfters vertauscht entstellt zu sein.

§ 2. Eine große Anzahl von Zeugnissen aus späterer Zeit nennt Suebi an Stelle von Alamanni oder gebraucht Suebi und Alamanni als gleichwertige Namen, und während letzteres im franz. Munde als Allemands fortlebt und hier aus einer Bezeichnung des nächstliegenden deutschen Stammes zu derjenigen aller Deutschen geworden ist, gilt bei diesen selbst schon in den ältesten uns erhaltenen Sprachquellen einzig und allein Schwaben als Name des ganzen alemann. Stammes. Wenn gelegentlich von ferner stehenden Gewährsmännern die beiden Namen Suebi und Alamanni als die zweier verschiedener Völker betrachtet werden, ist dies ein

mit ags. ealgian naheliegendes Mißverständnis und kann

'schützen'. Man hat das Brüderpaar mit den indischen Açvinā in Zusammenhang gebracht (Myriantheus, Die Açvins oder arischen Dioskuren, München 1876) und glaubt nach Müllenhoffs Vorgange (ZfdA. 12, 346 ff.) vielfach, daß sie in den Harlungen der deutschen Heldensage fortleben. Beide Annahmen sind unsicher; sie scheinen vielmehr nur ein göttlich verehrtes Schutzbrüderpaar gewesen zu sein, wie die norwegischen Schwestern Irpa und Þorgerðr, dessen Kult sich auf einen Stamm beschränkt hat.

Symons PGrundr. III 679. E. Mogk. Alemannen. § 1. Der Name Alamanni wird zum J. 213 n. Chr. zum erstenmal

die Überzeugung nicht erschüttern, daß die A. selbst Schwaben sind. Außerhalb jeder Möglichkeit liegt Bremers Annahme (Ethn. 203 f.), daß das Volk, das den Namen Suebi zu den A. gebracht habe, vom J. 51 bis zum J. 357 in Pannonien, also auf röm. Boden, gesessen habe.

§ 3. Sind aber die A. Schwaben, so fällt diese Tatsache auch schon für ihre Herkunft von den Semnonen entscheidend ins Gewicht, da sie als gens populosa, als die sie von Anfang an erscheinen, nur von einem volkreichen Stamme ausgehen können und kein anderer der großen Suebenstämme für sie sonst in Betracht kommt. Es wäre aber auch ein Rätsel,

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was aus dem Hauptvolk der Sueben geworden ist, wenn sie nicht in den Alemannen-Schwaben fortleben. Auch den Kult des regnator omnium deus, des Himmelsgottes, den uns Tacitus Germ. 39 für die Semnonen bezeugt, haben die Schwaben nicht aufgegeben und verraten auch dadurch ihre Herkunft. Den Hauptort des von ihnen besetzten Raetien, Augusta (Augsburg), nannten sie Ciesburc, und sie selbst hießen auch Cyuuari, was wohl als 'Zioverehrer' zu deuten ist; s. R. Much Der germ. Himmelsgott 4 f. § 4. Der Name Alemannen selbst in älterer und korrekterer Überlieferung Alamanni deckt sich mit got. alamans, das in den Verbindungen in allaim alamannam und alamanně kuni belegt ist. Es bedeutet Menschen insgesamt, Menschen irgendwelcher Art' und ist völlig synonym mit as. irminman, das Heliand 1298 ebenfalls in Verbindung mit all und 3503 sogar im Sing. gebraucht wird. Auch das Aisl. kennt in Zusammensetzungen einen Gen. Plur. almanna und Ableitungen wie almenni, almennr. Danach ist Alaman sicher nicht mit Grimm GddSpr. 498 für einen ausgezeichneten Mann oder Helden' zu nehmen. Eher hat der Name einen demokratischen Sinn und bezeichnet den einzelnen als Mitglied der Gesamtnation, im Plur. aber diese selbst ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Unterschiede. Daneben besteht die Möglichkeit, daß die Alamanni die Angehörigen eines weiteren politischen Verbandes sind im Gegensatz zu den stammhaften Elementen, aus denen er sich zusammensetzt; und mehr zu einer solchen Auffassung stimmt. die Erklärung, die Asinius Quadratus, ein Gewährsmann aus dem 3. Jahrh., nach Agathias 1,6 von dem Namen gibt: Euvudés (oder Ξύγκλυδές) εἰσιν ἄνθρωποι καὶ μιγάδες, καὶ τοῦτο δύναται αὐτοῖς ἡ ἐπωνυμία.

Dies steht aber der Herleitung des Volkes von den Semnonen nicht im Wege, da diese selbst schon verschiedene Unterabteilungen umfaßt haben werden, und auch nur der Kern der A. auf sie zurückgeführt zu werden braucht, der Anschluß fremder Elemente an diesen aber keineswegs von vornherein bestritten werden soll, umso weniger als ein solcher Vorgang

Seitenstücke in der Geschichte aller größeren germ. Stämme hätte. Bestimmt nachweisbar sind indes solche Elemente gerade bei den A. im Gegensatz zu den Sachsen, Thüringern oder Franken nicht.

§ 5. Auf eine Gliederung des Stammes ist aus dem Umstand zu schließen, daß wiederholt eine größere Anzahl von alem. Königen bis 15 nebeneinander erwähnt wird. Noch Theoderik spricht in seinem Brief an Chlodowech in Cassiodors Var. 2, 41 von Alamannici populi.

Von etlichen Unterabteilungen kennen wir auch die Namen. So von den Brisigavi im Breisgau, den Lentienses die germ. Namenform ist nicht überliefert im Linzgau, den Bucinobantes (d. i. *Bōkīnabantiz 'Bewohner des Buchengaues'? vgl. Tubantes), nach Ammianus Marc. 29, 4 gegenüber von Mainz seẞhaft, und den Raetobarii, so benannt, weil sie sich auf einem Teil des alten Raetierlandes niedergelassen hatten; s. Kossinna PB Beitr. 20, 282. Alle sind sie also nach Lokalen benannt und führen keine alten Stammnamen. Ein solcher ist einzig der wohl die Raetobarii (und Lentienses?) in sich begreifende Name Juthungi, und die Juthungen (s. d.) haben manche Forscher sogar von den A. ganz trennen wollen, aber gewiß nicht mit Recht. Ob diesen schon in der älteren Heimat eine Sonderstellung zukam und ob sie und die A. ihre Namen schon aus dieser mitbrachten, ist nicht zu ermitteln. Ebensowenig wissen wir, ob die Auswanderung aus dieser auf einmal oder in Nachschüben erfolgte, und ob der Durchzug durch das Land der Hermunduren ein friedlicher oder erzwungener war.

§ 6. Sofort nach ihrem Erscheinen in der Maingegend beginnen die A. gegen den Limes anzudringen und zeigen in den. sich immer wieder erneuernden Kämpfen mit den Römern in den folgenden Jahrhunderten eine bewundernswerte Triebkraft ihres Stammes, die für alle Verluste rasch Ersatz schafft. Ihre Streifzüge erstrecken sich öfters bis nach Oberitalien, und was ihr Siedlungsgebiet betrifft, gewinnen sie, wenn auch gelegentlich zurückgedrängt, im ganzen zusehends an Boden. Schon um 260 ist der Limes von ihnen gebrochen

und das Land bis zur Donau in ihrem Besitz. Bald stehen sie auch am Bodensee und machen wiederholt Versuche, weiter nach Raetien und auf die linke Rheinseite überzugreifen, doch erst im 5. Jahrh. mit dauerndem Erfolg. Im J. 430 werden noch die gegen Raetien vordringenden Juthungen, bei dieser Gelegenheit zum letztenmal genannt, von Aetius zurückgewiesen; nach dessen Tod aber fanden die A. hier und am Rhein kaum mehr nennenswerten Widerstand. Auf dessen linkem Ufer sind sie uns zuerst von Sidonius Apoll. zum J. 456 (Carm. 7, 373 ff.) sicher bezeugt und nehmen hier das Elsaß und die Pfalz, vielleicht sogar noch nördlichere Striche in Besitz. In Raetia secunda schieben sie sich wohl gleichzeitig bis an den Lech vor, und zwar ist dabei besonders an Juthungen zu denken. Auch die Besetzung der Schweiz in ihren Alpenvorlanden scheint alsbald erfolgt zu sein, während in die tieferen Gebirgstäler die deutsche Sprache erst im Verlauf späterer Jahrhunderte durch allmählich vorschreitende Besiedlung eingedrungen ist.

§ 7. Die Verhältnisse zwischen den A. und ihren germ. Nachbarn erleiden mannigfache Verschiebungen. Ihr erstes Auftreten hinter dem Limes hat bereits Anschluß, Verdrängung oder Unterjochung anderer Stämme in dem bis dahin nicht unbewohnten Lande zur Voraussetzung. In Betracht kommen Reste der Teutonen und vielleicht die Μαρουίγγοι, Κουρίωνες und Χαιτούωροι des Ptol., deren Lokalisierung aber mangels anderer Zeugnisse ganz unsicher ist. Die Bucinobantes gegenüber von Mainz und nördlich des Mains stehen dort auf dem Boden der Mattiaci. Aber auch Hermunduren und Chatten mögen Platz gemacht haben. Die Eroberung des Dekumatenlandes schloß auch das Gebiet der Neckarsueben mit ein. Dadurch aber, daß sich die A. über den römischen Limes vorschoben, ward wieder Land in ihrem Rücken frei. In diesem setzten sich sofort die aus Ostdeutschland kommenden Burgunder (s. d.) fest, und durch lange Zeit bildet nun der Limes die Grenze zwischen beiden Germanenstämmen. Die mainabwärts drängenden Burgunder traten dann auch

gegenüber von Mainz an ihre Stelle, um im Anfang des 5. Jahrhs. auf das linke Rheinufer überzugreifen. Nach deren Abzug nach Sapaudia fiel die Pfalz, wo sie zuletzt gesessen hatten, zunächst den über das Elsaß gegen Norden vordringenden A. zu, und auch über den Neckar müssen sie sich auf einem Boden, den sie früher den Burgundern eingeräumt hatten, neuerlich ausgebreitet haben, da der Kosmograph von Rav., unter Berufung auf den älteren Athanarid als Quelle, Ascapha und Uburzis (Aschaffenburg und Würzburg) unter den alem. Städten anführt.

Ihre starke Machtentfaltung und Ausbreitung in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhs. brachte sie aber in die gefährliche Nachbarschaft der ihrerseits rasch emporstrebenden Franken (s. d.). Im Kampf mit Chlodowech im J. 496/7 zogen sie den kürzeren und mußten, abgesehen vom Verlust ihrer Selbständigkeit, den nördlichen Teil ihres Gebietes fränkischen Ansiedlern einräumen. Nur die südlicher, in der Schweiz und Raetien seẞhaften, an jenem Kampf vielleicht unbeteiligten Gaue blieben noch unabhängig und fanden gegen einen späteren Unterwerfungsversuch Chlodowechs bei Theoderik Schutz. Erst 536 wurden sie von den Goten ebenfalls den Franken überlassen. Von da an bildeten die gesamten A., aber unter besonderen Herzogen, einen Teil des merowingischen Reiches.

Zeuß 303 ff. Bremer Ethn. 197 (930) ff L. Schmidt Allg. Gesch. d. germ. Völker 188 ff. Weitere Literatur besonders bei letzterem. R. Much.

Alemannische Funde (§ 1) sind von den fränkischen und burgundischen, wie von anderen germanischen Funden der Völkerwanderungszeit (s. d.) schwer zu unterscheiden, wenn nicht Zeit und Ort darüber einen (doch meist nur unsicheren) Aufschluß geben. Bis gegen das Ende des

weström. Reiches trifft man im altalemann. Lande zwischen dem mittleren Neckar und dem Taunus kleine Reihengräberfelder mit Beigaben von frühem westgermanischem und spätem gallorömischem Gepräge, zum Teil noch La Tène- Formen. Nach dem Verlust dieses Gebietes an die

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