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Affe. § 1. Der A. (Simia) war den Indogermanen unbekannt: kein Name reicht in die Urzeit zurück. Wohl aber haben wir einen alten gemein germ. Namen *apan- swm.: anord. api, schwed. apa, dän. abe; ags. apa, me. āpe, ne. ape; as. apo, mnd. ape, nnd. åp, mndl. ape, nndl. aap; ahd. affo, mhd. nhd. affe. Daneben ein Femininum mnd. ape, ahd. affa swf. und anord. apynja (jōn-St.), aschwed. epin; mndl. apinne, nndl. apin; ahd. affin, affinna (jo-Stamm) 'Äffin'.

Schon frühzeitig hat man den germ. Namen mit der Hesych-Glosse aßpávas Κελτοὶ τοὺς κερκοπιθήκους in Beziehung gebracht, indem man ἀβράνας in *ἀββάνας, *aßávas verbesserte, und Schrader (Bezz. Beitr. 15, 287 u. Reallex. unt. 'Affe') vermutet, daß die Germanen den Namen des Affen schon vor der ersten Lautverschiebung von den Kelten erhielten, die das Tier vielleicht von Massilia her kennen lernten. Doch hat sich der alte Name in den kelt. Sprachen nicht erhalten, denn ir. gäl. ap, ky mr. ab sind aus dem Engl. entlehnt (Macbain ED. 17). Aus dem German. drang das Wort nach der ersten Lautverschiebung ins Slavische: aruss. nslov. opica, czech. opice (Miklosich EWb. 224). Wir dürfen wohl annehmen, daß schon in vorchristlicher Zeit südländische oder keltische Kaufleute vielfach mit Affen durch die german. Länder zogen; vielleicht hat sich auch mancher german. Häuptling zum Zeitvertreib einen Affen gehalten (Schrader Reallex.).

§ 2. Andre germ. Benennungen für den Affen sind: mndl. simme, simminkel aus lat. simia, *simiuncula und vereinzelt ags. sprinca circopythicos' (WW. 204, 37), das Schrader (Reallex.) auf lat. spinga, sp(h)ingion, sphinx 'Affenart' zurückführt.

§ 3. Eine besondere Affenart, die langgeschwänzte Meerkatze (Cercopithecus), wird auf deutschem Sprachgebiet schon im frühen MA. mit diesem Namen

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Dem Wesen des beneficium (s. d.) widersprach es nicht, daß der Empfänger das Gut in Afterleihe gab, und es ist anzunehmen, daß dies bereits in karolingischer Zeit geschah. Damit war der Afterbelehnung (der späteren subinfeudatio per dationem) der Weg gebahnt. Die Vassallen der seniores, von denen das Capit. von 805 c. 9 (MGL. 4° Sect. II Tom. I p. 124) spricht, mögen größtenteils Aftervassallen des Königs gewesen sein. Im romanischen Gebiet heißen die Aftervassallen vavassi oder valvasores. Die langobardischen Consuetudines feudorum (ed. Lehmann I 2, 4) nennen die Aftervassallen der königlichen Vassallen regis valvasores, deren Vassallen minores valvasores oder valvassini und beschränken die Afterbelehnung auf diese 2 Grade. Die Afterbelehnung durch minores valvasores soll kein Lehn begründen. Später unterschied man drei Arten von valvasores: majores, gewöhnliche und minores, und dehnte die Afterbelehnung auf drei Grade aus (ebenda III, VIII 16). Das deutsche Lehnrecht der Folgezeit kennt solche Beschränkung nur bei wenigen Lehnen (höhere Gerichtslehen durften nicht über die dritte Hand verliehen werden), im übrigen war die Afterverleihung in weiterem Umfange gestattet, und es ergaben sich daraus 7 Heerschildstufen. Der Afterva sall ('mannes man', 'secundus etc. in beneficio' stand in direktem Lehnsverhältnis nur zu seinem senior (primus dominus), nicht zu den Oberherren (secundus, tertius dominus, usque ad dominum imperii). Doch ergaben sich bei Veränderungen in den Zwischengliedern nicht selten unmittelbare Beziehungen auch zu jenen, wie in späterer Zeit die Urteilsschelte im Lehngericht an den Oberherrn erging.

Ficker Vom Heerschilde 1862. Homeyer System des Lehnrechts §§ 3, 4, 88 ua.

§ 2. Norden. A. kommen auch im Norden vor. Die Hirðskrá gestattet aus

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Taranger II 1 270. 281. K. Lehmann. Agermanament (germinamento), Verbrüderung, ein eigentümlicher Vertrag des romanischen Seerechts, durch welchen für den Fall einer Seegefahr eine Gemeinschaft von Schiff und Ladung unter den verschiedenen Eigentümern derart begründet wurde, daß jedes Objekt für das andere mit einstehen, also der Schade auf alle gleichmäßig repartiert werden sollte, prak. tisch also eine Art Versicherung auf Gegen seitigkeit. Ein Zusammenhang mit der Blutsbrüderschaft ist möglich, aber bisher nicht nachgewiesen.

Goldschmidt ZfHR. 35, 342 ff. M. Pappenheim SZfRG. 29, 332. Lehmann HR. 936. K. Lehmann.

Agnus Dei, Lamm Gottes, Sinnbild Christi. Das Lamm mit dem Kreuze, dem Hirtenstab oder der Fahne, den Kopf meist rückwärts gewandt; oft mit Kopfnimbus, auch von zwölf Lämmern (den Aposteln) umgeben, dann höher stehend. An einem Portal zu Ronnenberg (9./10. Jahrh.) bei Hannover im dachförmigen Sturzbalken in der Mandorla, umgeben von Fischen, Vögeln und Untieren, in flachem Relief.

Haupt Älteste Kunst d. Germanen 92, Abb. 57. A. Haupt.

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Die Darstellung

tritt in die Geschichte. der altgerman. A. wird deshalb am besten auf den Versuch einer hypothetischen Rekonstruktion vorzeitlicher Verhältnisse ganz verzichten und mit einer Kritik der zum Teil recht unbestimmten und widerspruchsvollen Nachrichten der antiken Schriftsteller einsetzen. Nur bei einer wichtigen Unterlage für die Beurteilung des altgermanischen Agrarsystems, bei der Frage nach dem Maß von Seßhaftigkeit, die wir den Germanen zusprechen dürfen, werden wir auf vorgeschichtliche Verhältnisse zurückgreifen müssen.

I. Seßhaftigkeit. § 2. Die meisten Menschen und Völker neigen von Natur zur Ruhe und seßhaften Lebensweise. Solange sie ausreichende Jagd- und Weidegründe und fruchtbare Ackerfelder haben und nicht von Feinden verdrängt werden, bleiben sie auf ihrer Scholle wohnen. Selbst die primitiven Jäger- und Fischervölker irren nicht ziel- und heimatlos in der Wildnis umher; sie kehren von ihren Jagdzügen zu festen Sitzen am

Rande der Wälder und Gewässer zurück. Die Nomaden allein werden durch besondere Wirtschaftsverhältnisse zu einer unstäteren Lebensweise gezwungen.

Zahlreiche archäologische, sprachliche und literarische Zeugnisse weisen nun mit Bestimmtheit darauf hin, daß die Germanen wie alle mittel- und nordeuropäischen Völker seit langen Zeiträumen einen viel größeren Grad von Seẞhaftigkeit hatten, als man ihnen oft zuzugestehen bereit ist.

§ 3. Schon die Jäger- und Fischervölker der frühesten dänischen Muschelhaufen in der älteren nordischen Steinzeit, die noch von Ackerbau und Viehzucht nichts wußten, führten ein seßhaftes, geselliges Leben und bewohnten Jahrhunderte lang die gleichen Plätze, wie die Mächtigkeit der Haufen von Küchenabfällen zeigt. Für die jüngere Steinzeit und. Bronzezeit sind die Pfahlbaudörfer Mittel- und Nordeuropas mit ihren kunstvollen Gebäudekonstruktionen und den reichen Spuren landwirtschaftlichen Betriebes ein schlagender Beweis für einen vorgeschrittenen Grad dauernder Seẞhaftigkeit. Der Einwand, es stehe,,nichts

der Annahme entgegen, daß der eine
Stamm den andern vertrieben und in
seinen Pfahlbauten weiter gehaust habe"
(Schrader Sprachvgl. u. Urgesch.3 II 215,
Anm.), ist hinfällig: kein Volk wird so
mühevolle Bauten errichten, wenn es nicht
die Hoffnung auf langjährige Bewohnung
hegt. Ein unwiderleglicher Beweis für
dauernde Seßhaftigkeit in frühen prä-
historischen Zeiten sind auch die ausge-
dehnten vorgeschichtlichen Friedhöfe,
die immer in der Nähe von alten Nieder-
lassungen liegen und meist Generationen
hindurch in Benutzung waren; ferner die
Kontinuität der Ortschaften
selbst, die sich vielfach aus der jüngeren
Stein- und Bronzezeit bis in die historischen
Perioden hinein nachweisen läßt.
Höhe des Ackerbaus,
große Zahl der kultivierten
Pflanzen (s. Ackerbau, Kulturpflanzen)
und namentlich die Kultur des
Apfelbaum s (s. Obstbau, Apfel), Tat-
sachen, die sich archäologisch bis in die
Steinzeit und sprachlich in die idg. Urzeit
zurückverfolgen lassen, sind mit einem
beständigen Wechsel der Wohnsitze unver-
einbar.

Die
die

keine vorübergehende Ruhe- oder Schutzstätte, sondern eine feste, mit einem eingehegten Hof oder Garten umgebene Niederlassung war. Für die frühhistorische Zeit wird uns dies durch die Angabe des Tacitus (Germ. 16): suam quisque domum spatio circumdat bestätigt, woraus zugleich erhellt, daß Haus und Hof damals bereits Sondereigentum waren.

§ 5. Eine Reihe literarischer Zeugnisse bei römischen Schriftstellern beseitigen die letzten Zweifel an dem Vorhandensein fester Ortschaften bei den Germanen. Caesar nennt die von ihm niedergebrannten Niederlassungen der Sugambrer vici aedificiaque 'Dörfer und Gehöfte' (Bell. Gall. 4, 19). Den Ubiern befiehlt er (6, 10), ut pecora deducant suaque omnia ex agris in oppida conferant, und selbst die wilden Sveben wohnen in oppidis, die sie beim Rheinübergang Caesars verlassen (Suebos ... nuntios in omnes partes dimisisse, uti de oppidis demigrarent), um Kinder, Frauen und Hab und Gut in die Wälder zu flüchten (4,19). Tacitus (Germ. 46) hebt als charakteristischen Unterschied zwischen Germanen und Sarmaten hervor, daß erstere Häuser bauen (domos figunt), letztere auf Wagen leben (in plaustro equoque viventibus), es ist der Gegensatz zwischen seßhaften Ackerbauern und unstäten Nomaden und Reitervölkern. Selbst die Knechte der Germanen wohnen nach Tacitus in eignem Haus und Hof: suam quisque sedem, suos penates regit (Germ. 25). Und alles, was der Römer uns sonst von der Siedlungsart der Germanen mitteilt, (so namentlich die Stelle Germ. 16: Colunt discreti ac diversi etc.), spricht durchweg für Seßhaftigkeit. Auch die Anwendung einer tief eingreifenden künstlichen Bodendüngung nach Art des Mergelns, wie sie Plinius (Nat. Hist. 17, 47) von den Ubiern berichtet, setzt unbedingt durchaus seẞhafte Verhältnisse und einen langjährigen, ungestörten Ackerbau voraus. (S. ferner 'Siedlungswesen'.)

§ 4. In sprachlicher Hinsicht sind zwei german. Ausdrücke wichtig, in denen der Begriff 'Gehege, Hof, Garten' und 'Gehöft, Haus, Wohnung' ineinander übergehen. Gemeingerm. ist got. gards 'Hof, Haus' nebst den Kompositis aúrtigards, weinagards, wo es 'Garten' bedeutet, anord. garðr eingehegter Hof, Gehöft, Haus', ags. geard 'Umfriedigung, Garten, Wohnung', as. gard 'Umzäunung, Wohnung', ahd. gart 'Kreis'; daneben die schwache Form got. garda 'Gehege, Stall', afries. garda, as. gardo, ahd. garto 'Garten'. Es ist ein uraltes Erbwort, das Entsprechungen in andern idg. Sprachen hat: gr. xóptos 'Gehege, Hof, Viehhof', lat. hortus 'Garten', air. gort 'Saat' und das vielleicht früh aus dem German. entlehnte akslav. gradu 'Einfriedigung, Burg, Stadt'. Nur im West- und Nordgermanischen belegt ist die Sippe ahd. as. ags. hof 'Hof, Gehöft', aber auch 'Fürstenhaus', anord. hof 'Tempel mit Dach'. Der Bedeutungs-,,Zeltlager" waren, die man abbricht und übergang Hof-Haus'in beiden Reihen zeigt, daß das Haus schon in urgerm. Zeit

$ 6. Nach alledem ist es wohl über jeden Zweifel erhaben, daß die germanischen Dörfer der vortaciteischen Zeit nicht

an anderer Stelle wieder aufbaut, sondern daß schon seit dem Bronzealter ruhige,

seẞhafte Lebensweise bei den Germanen die Regel war.

Dies Ergebnis, zu dem uns die Zeugnisse der Archäologie, der Sprachwissenschaft und der klassischen Schriftsteller führten, scheint allerdings zu dem unruhigen Bilde das uns Caesar vom Agrarwesen der Germanen entwirft, in schneidendem Gegensatz zu stehn.

Wechsel

II. Der jährliche der Feldmarken und Wohnsitze in Caesars Caesars Zeit. $7. Privati ac separati agri apud eos nihil est, neque longius anno remanere uno in loco incolendi causa licet, sagt Caesar (Bell. Gall. 4, 1) von den Sveben und ähnlich (6, 22) von den Germanen im allgemeinen: neque quisquam agri modum certum aut fines habet proprios, sed magistratus ac principes in annos singulos gentibus cognationibusque hominum, qui tum una coierunt, quantum et quo loco visum est agri attribuunt atque anno post alio transire cogunt.

Es gibt also nach Caesars Darstellung bei den Germanen noch keinen privaten Grundbesitz des einzelnen; der gesamte Grund und Boden ist vielmehr im dauernden Besitz größerer Gemeinschaften, die 6, 23 näher als pagi und regiones 'Gaue' und 'Untergaue' bezeichnet werden. Die Behörden derselben (magistratus ac principes) weisen den einzelnen Sippen und Geschlechtsverbänden, wie sie sich jeweils zusammen getan haben (qui tum una coierunt), auf je ein Jahr ein Stück Landes zur Bewirtschaftung zu, dessen Größe und Lage von dem Befinden der Obrigkeit abhängt. Keine Sippe darf länger als ein Jahr in einer Feldmark zu Wohnzwecken (incolendi causa) sich niederlassen; im nächsten Jahr muß sie in eine andere übersiedeln. Aus der Bemerkung über die leichte Bauart der Häuser (ne accuratius ad frigora atque aestus vitandos aedificent 6, 22), die von den Germanen mit dem jährlichen Wechsel in ursächlichen Zusammenhang gebracht wurde, ergibt sich, daß der Wechsel der Feldmark zugleich mit einer Änderung des Wohnsitzes verbunden war.

§ 8. Dieser Wohnungswechsel ist aber nicht mit Hanssen, Leverkus, v. Sybel und Rachfahl als ein Austausch der Häuser

unter den Sippen oder den aus ihnen gebildeten Genossenschaften aufzufassen (s. Hoops Waldb. u. Kulturpfl. 510; Max Weber Jahrb. f. Nationalök. u. Statist. 3. F. 28, 462); vielmehr sprechen die Worte ne accuratius aedificent etc. umgekehrt dafür, daß die Wohnstätten der germanischen Stämme, die Caesar hier im Sinne hat, nicht feststehende Dauerwohnungen, sondern leicht gebaute Hütten waren, die als fahrende Habe in die neuen Wohnsitze mitgenommen wurden. Das Haus dürfte schon zu Caesars Zeit zum Privatbesitz des einzelnen gehört haben.

Auch an einen jährlichen Austausch der Feldmarken unter den Sippen, wie ihn Hanssen (Agrarhist. Abh. I 84. 88. 92 ff.) und Leverkus (ebd.) sich vorstellen, ist nicht zu denken; Caesar spricht überhaupt nicht von Tausch: er sagt nur, die Sippen würden von den Behörden genötigt, jährlich anderswohin umzusiedeln (alio transire).

Dies haben nun manche anderseits so aufgefaßt, daß die Germanen alljährlich neue Stücke Wildland gerodet hätten. (So Waitz DVG. 2 I 97; Erhardt GGA. 1882, 1230; R. Schröder DRG.5 56; Hildebrand Recht u. Sitte I 65 ff.) Daß bei eintretender Übervölkerung oder bei ungünstigen Bodenverhältnissen Neuland urbar gemacht wurde, ist selbstverständlich (s. Rodung); daß dies eine ständige Regel des jährlichen Wirtschaftsbetriebs war, ist aus Caesars Worten nicht zu entnehmen und durchaus unwahrscheinlich: man wäre der mühsamen Tätigkeit des Rodens wohl bald satt geworden. Was hätte sie auch für einen Sinn gehabt in einem Lande, wo alter Kulturboden genug vorhanden war? Es war sicher bequemer, Brachland zu bestellen als Neuland zu roden; nur in Fällen dringenden Bedürfnisses wird man zu letzterer Maßnahme ge

schritten sein.

Wir haben es offenbar weder mit einem Austausch der Feldmarken und Wohnsitze, noch mit jährlichen Rodungen, sondern mit einer wilden Feldgraswirtschaft zu tun, dh. ein Stück Land wurde ein Jahr als Saatfeld unter den Pflug genommen, um dann mehrere Jahre brach zu liegen und als Weide benutzt zu werden, wobei das zu bebauende Land alljährlich

an die Sippen neu verteilt wurde und jede Sippe mit dem Acker zugleich ihren Wohnsitz jährlich änderte.

§ 9. Es ist nun ohne weiteres klar, daß diese jährliche Verlegung des Wohnsitzes für den einzelnen mit vielen Unbequemlichkeiten verbunden war und zu den oben aufgeführten Zeugnissen für größere Seßhaftigkeit im schroffen Gegensatz steht. Sie ist ebenso wie die jährliche Neuverteilung des Ackerlandes an die Sippen auch wirtschaftlich irrationell und der Entwicklung einer intensiveren Bodenkultur hinderlich.,,Ein erfolgreicher und die beteiligten Menschen selbst befriedigender Ackerbau", sagt von der Goltz (Gesch. d. deutsch. Landwirtsch. I 47),,,ist nicht möglich, wenn nicht dieselben Grundstücke dauernd oder doch längere Zeit in den Händen der nämlichen Personen sich befinden." Kein Wunder, daß sich Caesar genau nach den Gründen des eigenartigen, ihm selber offenbar auffallenden Systems erkundigt hat.

§ 10. Eius rei multas afferunt causas, sagt er 6, 22: ne assidua consuetudine capti studium belli gerendi agricultura commutent; ne latos fines parare studeant potentioresque humiliores possessionibus expellant; ne accuratius ad frigora atque aestus vitandos aedificent; ne qua oriatur pecuniae cupiditas, qua ex re factiones dissensionesque nascuntur; ut animi aequitate plebem contineant, cum suas quique opes cum potentissimis aequari videat.

§ II. Unter den hier angeführten Ursachen für den jährlichen Flur- und Wohnsitzwechsel fehlt auffallenderweise jedwede wirtschaftliche Begründung; der erste und augenscheinlich wichtigste Grund ist die Rücksicht auf die Erhaltung der Kriegstüchtigkeit des Volks; man fürchtet, daß durch die andauernde Beschäftigung mit der friedlichen Arbeit des Ackerbaus die militärische Schlagfertigkeit und der kriegerische Geist leiden könnten (ne assidua consuetudine capti studium belli gerendi agricultura commutent). Das agrarische Element tritt also im Kulturleben der Germanen in Caesars Zeit vor dem militärischen in den Hintergrund. Hier liegt der Angelpunkt der ganzen Frage. (So Waitz DVG. 2 I 94 ff.; M. Much Mitt.

d. Anthrop. Ges. Wien 8, 231 ff. (1879); Erhardt Hist. Zeitschr. 79, 294 ff. (1897); Kötzschke Gliederung d. Gesellsch. 286 f. 300; Max Weber aaO. 445 ff.; Hoops Waldb. u. Kulturpfl. 516 ff.)

Die Germanen treten als ausgesprochene Kriegsvölker in die Geschichte ein. Durch Übervölkerung oder äußere

Feinde aus der nordischen Heimat vertrieben, ist ein großer Teil von ihnen in rastlosem Vordringen begriffen; mit Weib und Kind und Hab und Gut wandern diese germanischen Scharen in langsamem, durch kürzere oder längere Ruhepausen unterbrochenem Zuge südwärts, nicht nur um zu rauben und zu plündern, sondern um sich mit der Waffe in der Hand neue Ackerfelder und Weidegründe zu erobern, wie es uns Plutarch von den Cimbern und Teutonen bezeugt. Ein Stamm drängt den andern und läßt ihn nicht zu langem Frieden kommen. Wenngleich in den Ruhepausen Ackerbau getrieben werden muß, um das nötige Korn für die Volksernährung zu gewinnen, die durch Plünderung allein nicht in ausreichendem Maße bewerkstelligt werden kann, so muß doch unter solchen Verhältnissen der Ackerbau wie das ganze Wirtschaftsleben sich den Anforderungen des Kriegswesens unterordnen. Daher der militärisch-spartanische Grundzug, der den germanischen Volkscharakter zur Zeit Caesars ähnlich wie den der Griechen und Römer in frühhistorischer Zeit durchweht. Das Waffenhandwerk ist nach dem übereinstimmenden Zeugnis der klassischen Autoren die liebste und vornehmste Beschäftigung des freien Ger

manen.

§ 12. Nun ist zur erfolgreichen Durchführung eines Kriegs, in dem die Volksgenossen mehr denn irgendwo gegenseitig aufeinander angewiesen sind, das feste, einheitliche Zusammenwirken aller die erste und unerläßlichste Voraussetzung. Das aber läßt sich nur bei straffer staatlicher Organisation, bei unbedingter Unterordnung des einzelnen unter den Gesamtwillen erreichen. Daher in allen Militärstaaten jenes starke Hervortreten der Staatsidee, das schon den militärisch organisierten Stammesstaaten des Altertums ihr eigenartiges Gepräge gibt.

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