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Hammer- und Axtwurf. Fehlt einem Hofe die Abgrenzung, so soll der Beklagte nach L. Baivariorum XII 10 den Grenzzaun nach der Weite eines Axtwurfs aufstellen:,,jactet securem quae saica valente contra meridiem" usw.

§ 2. Viele Ackermaße gehen von der Größe der Arbeit aus, die zur Bewirtschaftung einer gewissen Fläche erforderlich ist, so das Tagwerk, das Joch bei Äckern, die Mannmahd oder Tagmahd bei Wiesen.

§ 3Andere Ackermaße wurden aus der Fruchtmenge abgeleitet, die zum Anbau einer bestimmten Fläche erforderlich ist: Metzen Landes, oder in Tiroler Weistümern: ,,von jedem star lantweit", in Schweden nach Tonnen þynia sæði.

§ 4. Diese Ackermaße, mit der Zeit auf die erfahrungsgemäß ihnen entsprechende Grundfläche bezogen, wurden dadurch zu einem von der Bestellungsart unabhängigen Flächenmaß, dessen Größe bei gleichbleibender Bezeichnung aber nach Zeit und Gegend wechseln kann. Die Art der Ackerbestellung hat bewirkt, daß man dazu Flächen entweder von rechteckiger (s. Andecena), meist sogar quadratischer Gestalt (s. Joch) gewählt hat.

§ 5. Auf diese Weise konnte selbst die gewöhnliche Ackergröße zum Flächenmaß werden.

Amira NOR. I 436 f.

A. Luschin v. Ebengreuth. Adalbert (= Continuator Reginonis), wohl von vornehmer Herkunft, war 950 in der Kanzlei Erzbischof Wicfrids von Köln tätig, dann kam er vielleicht noch durch Ottos I. Bruder Brun in die königliche Kanzlei und trat wohl 958 als Mönch in das Kloster S. Maximin, wo er 959 und 960 als Urkundenschreiber nachzuweisen ist. 961 wurde er gegen seinen Wunsch als

Bischof zu den den Russen geschickt, kehrte nach vergeblicher Fahrt 962 zurück und blieb bis zu weiterer Verwendung am Hofe, während des Kaisers italienischer Abwesenheit gelegentlich in Ottos II. Kanzlei beschäftigt. 966 wurde er Abt von Weißenburg im Elsaß, 968 erster Erzbischof von Magdeburg, als welcher er 981 starb. So läßt sich mit einiger Sicher

heit das Leben des Mannes rekonstruieren, der nach dem Vorgang Giesebrechts mit einer an Gewißheit grenzenden Wahrscheinlichkeit als Fortsetzer der bis 906 reichenden Chronik des Abtes Regino von Prüm (s. d.) anzusehen ist. Auf Grund wohl schon länger betriebenen Materialsammelns hat er diese Fortsetzung anscheinend erst als Abt von Weißenburg niedergeschrieben. und bis Ende 967 geführt. Für die ältere Zeit von 907 bis etwa 938 mußten dürftige schriftliche Quellen genügen, dann beginnt das eigne Wissen des Verfassers. Sein bewegter Lebensgang, der lange Aufenthalt bei Hofe, das vertraute, wenn auch sicher nicht, wie Wattenbach vermutete, halbbrüderliche Verhältnis zu dem historisch stark interessierten Erzbischof Wilhelm von Mainz, der ihn vielleicht zur Geschichtschreibung angeregt hat, erklären seine reichen und zuverlässigen Kenntnisse, die von aller provinziellen Beschränktheit freie Weite seines Gesichtskreises. Steht sein kurzes Werk in seiner schlichten annalistischen Sachlichkeit als literarische Leistung hinter dem Widukinds zurück, so übertrifft es dasselbe weit an Bildungshöhe, politischem Urteil, Weltblick und Objektivität, die trotz der höfischen Beziehungen und der selbstverständlichen Parteinahme für die Dynastie verhältnismäßig groß ist. So nimmt diese Geschichtschreibung an Quellenwert unter den Chroniken der früheren Ottonenzeit unbedingt den ersten Platz ein. Durch die gleichen Beziehungen zum Hofe und die Benutzung gleicher Berichterstattung erklärt sich hinlänglich eine gewisse Ähnlichkeit mit den Nachrichten Liutprands von Cremona.

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Da

Kirche damals spielte, schrieb er sein Geschichtswerk Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum, das er Adalberts Nachfolger Liemar widmete und weiterhin durch sachliche Zufügungen bereicherte. Was es für die Zeitgeschichte und als Denkmal hoher biographischer Kunst bedeutet, kommt hier nicht mehr in Betracht. gegen ist für die Altertumskunde des germanischen Nordens von der allerhöchsten Wichtigkeit das vierte als Descriptio insularum aquilonis bezeichnete Buch. Die Missionsinteressen der bremischen Kirche, die unter Adalbert ihre Metropolitanansprüche über die gesamten Gebiete der Nordgermanen und einen Teil der slawischen Ostseelande erstreckte, veranlaßten A. zu dieser ersten umfassenden Beschreibung, und nur im bremischen Missionszentrum war es möglich, den Stoff dafür in diesem Umfang zusammenzubringen. Der Dänenkönig Sven Estrithson, Schwestersohn Knuds d. Gr., war der vornehmste und ausgiebigste Berichterstatter, neben ihm fraglos zahlreiche Missionsbischöfe und andere geistliche und weltliche Seefahrer, während Adam selbst schwerlich weitere Reisen gemacht hat. Indem er die Frage der Christianisierung stets in den Mittelpunkt stellt, bringt er reiche Nachrichten zur Geographie und Ethnographie, Verfassung, Wirtschaft, Mythologie, Sittenkunde und Sagengeschichte der Nordgermanen. Sein Blick erstreckt sich, abgesehen von dem slavischen Osten, über Dänemark, Schweden, Norwegen, die Orkneyinseln, Island, Grönland, ja das ferne,,Winland", das man bisher stets an der Ostküste von Nordamerika lokalisierte. Ist auch das Berichtete je nach dem Charakter der Gewährsmänner verschieden zu bewerten, und laufen manche Fabeleien mit unter, Adam zeigt doch auch auf diesem Gebiete einen für seine Zeit selten gediegenen wissenschaftlichen Sinn, und so unterschiedlich Bildungsgrad und Kunstleistung sind, so darf er in Hinsicht auf die einzigartige Übermittlung wertvollsten Wissenstoffes wohl der Tacitus des germanischen Nordens genannt werden.

Ausg.: MG. VII 280 ff., besser Oktavausg. 1876 (neue in Vorbereitung). Über

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Adel. Das Wort A. (ahd. adal) bedeutet 'Geschlecht, Herkunft'. Aber es wird schon früh zugleich mit besonderer Beziehung einmal auf die legitime Abstammung und weiter auf das vornehme Geschlecht angewendet. Über das Vorkommen adliger Geschlechter in der deutschen Urzeit s. Art. Ständewesen. Die römischen Quellen bezeichnen deren Mitglieder als nobiles. In der Zeit der

deutschen Stämme und noch darüber hinaus wird das Wort nobilis nicht überall bloß zur Bezeichnung eines Adels, sondern vielfach auch der gemeinfreien Grundbesitzer gebraucht. Überwiegend aber gelten seit etwa dem 13. Jh. nur König, Fürsten und freie Herren (Inhaber von Gerichtsbezirken mit voller öffentlicher Gerichtsgewalt), in Süddeutschland auch die Ministerialen (in Norddeutschland diese im allgemeinen erst seit dem Ende des MA.) als nobiles. Das deutsche Wort adlig (etheling, adaling) wird in diesen Zeiten im großen und ganzen in derselben wechseln den Bedeutung gebraucht. Das Weitere unter Ständewesen.

S. die Darstellungen der deutschen Rechtsgeschichte. G. v. Below, Art. Adel, Handwb. d. Staatswiss. F. Vogt Der Bedeutungswandel des Wortes 'edel'. Marburg 1909. G. v. Below.

Aderlaß ist als urgermanischer Brauch nicht nachweisbar, gewann aber rasch unter dem Einfluß der römischen Medizin Verbreitung bis in den entlegenen germanischen Norden. Wie allgemein verbreitet. er schon früh bei den alten Deutschen war, zeigt das 11. Buch der Lex Visigothorum (MGL. I 1, 400 ff.),,De aegrotis", das sofort mit der Bestimmung anhebt: ,,ne absentis propinquis mulierem medicus. fleotomare presumat" und an sechster Stelle auf Schädigungen durch den Aderlaẞ zurückkommt. Auf dem Grundriß des Klosters von St. Gallen v. J. 820 war im Badehause für die Kranken auch ein Aderlaẞraum vorgesehen (,,coquina eorundem et sanguinem minuentium"), und für die Gesunden, die regelmäßig mindestens

viermal im Jahr zur Ader ließen, war ein besonderes Aderlaẞhaus in Aussicht genommen (,,fleotomatis hic gustandum vel potionariis"), das einen großen Innenraum besaß mit Öfen in den vier Ecken, einem Herd für die Arzeneitränke in der Mitte, sechs Wandbänken und Tischen davor. Der flebotomus der Lex Visigothorum XI 1, 6, das Aderlaẞinstrument, das ags. blodseax, blodsex 'Blutmesser' hieß und später im mhd. lāz-īsen genannt wurde, ward allmählich völlig spracheigen: ahd. fliodema, fliedima, fledima, fliedema, mhd. vletemen, flieteme, fliedem, fliedin, fliete, flite, flede und ist es in der Vliete im Grunde noch heute. Das mhd. läzen für den Aderlaß ist nach dem ags. blōdlætere auch für die ahd. Zeit als wahrscheinlich vorauszusetzen. So heißt denn auch die Aderlaẞbinde mhd. läzbendel, lazbinde, die halbgelehrte halbpopuläre Anweisung für die Blutabzapfung mhd. läzbrieve, lāz-zedel, lāsztafeln. All dies fällt allerdings schon hinter das Jahr 1000 n. Chr., wie die Zeitbestimmungen für die wirksamste und heilsamste Anwendung, die Monatsregeln, ,,wann man lassen soll" usw., aber die lateinischen Traktate hierüber wurden im 10. und II. Jahrh. auch in germanischen Klöstern des Südens und Nordens fleißig abgeschrieben. Zu der historischen Tatsache, daß Karl der Dicke gegen Kopfschmerz zur Ader ließ, lassen sich Parallelen in Fülle finden, und die angelsächsischen Rezeptbücher des Bald aus der Mitte des 10. Jahrhs. zeigen volle Kenntnis der Venaesektion und geben genau die Aderlaẞregeln der Antike wieder, z. B. I 72 (Cockayne II 146 f.). Aderlaẞinstrumente aus der Frühzeit sind bisher nicht sicher festgestellt; was seit O. Montelius als solches abgebildet wird, ist nicht dafür anzusehen, auch von Montelius selbst, wie Grön mitteilt, aufgegeben.

M. Heyne Hausaltert. III 107-112. Grön Altn. Heilkunde. Janus 1908, S.-A. S. 35-39. Payne Engl. Med. in Angl.-Sax. times 1904 S. 93. Sudhoff Laßtafelkunst Arch. f. Gesch. d. Med. I. S. 219-288. Karl Baas Gesundheitspflege in Baden 1908, S. 8. Sudhoff.

Adler. § 1. Für den A. (aquila) haben die nordeuropäischen Sprachen

einen gemeinsamen alten Namen: urkelt. *eros und redupliziert *eruros, korn. bret. er, kymr. eryr m., ir. ilar dissimiliert aus *irur, *erur (Stokes b. Fick 4 II 39); urgerm. *aran, got. ara, anord. ari, norw. dial. are, schw. dial. ar, ahd. aro, mit der (nach Kluge PGrdr. I S. 458) aus dieser entstandenen Nebenform nach der u-Deklination urgerm. *arn-uz, anord. ørn, dän. ørn, schwed. örn, ags. earn m., me. ærn, ern, arn, ne. dial. (nordengl. schott.) erne, eirne [ern] (Wright EDD.), mnd. arn(e), arnt, mndl. arent, ahd. mhd. (md.) arn; lit. erelis m., akslav. orilu, alle 'Adler' bedeutend; auch gr. opvis 'Vogel' ist damit verwandt.

Der Name bezeichnete in den nordeurop. Sprachen ursprünglich die verschiedenen großen Raubvögel der aquila-Gruppe, die wir heute mit gemeinsamem Namen. im Nhd. adler, im Nord. ern, örn, im Frz. aigle, im Engl. eagle nennen. In Deutschland scheint der Name aro aber noch in ahd. Zeit, zunächst wohl in Zusammensetzungen, auch auf andere große Raubvögel ausgedehnt worden zu sein, so daß sich für die eigentlichen Adlerarten seit dem 12. Jh. unter dem Einfluß der Falknerei die Bezeichnung adel-are 'Edel-Aar' einbürgerte, die das einfache ar oder arn. allmählich verdrängte (s. Suolahti 346 f.).

§ 2. Die häufigsten Adlerarten sind in Mittel- und Nordeuropa der Steinadler und der Seeadler. Beide werden schon in altgerm. Zeit unterschieden. Mit dem stocaro 'Waldadler' der spätahd. Glossare ist der Steinadler (Aquila fulva) gemeint (Suolahti 348), während unter dem hasopada earn, æftan hwit des ags. Liedes auf die Schlacht von Brunanburh 937 (V. 63) der weißschwänzige Seeadler (Haliaëtus albicilla) zu verstehen ist. Für letztern haben die westgerm. Sprachen zudem einen eignen, alten Namen: ags. earngeot, -geat, ærngeup, earngeap (Belege b. Whitman 164, mit unrichtiger Deutung); nhd. eringrioz, -grōz, arangrōz (Belege b. Suolahti 349). Der erste Teil dieses Kompositums ist der Adlername *aran-, *arin-, der zweite liegt nach Suolahti als selb ständiges Wort in dem anord. Namen des Fischadlers gjöðr, norw. gjo vor, der wahrscheinlich zu einer Wz. 3eu-:zau- 'schreien' gehört und in dem Kompositum früh

mancherlei Umgestaltungen und Angleichungen erfahren hat.

§ 3. Im germ. Mythus spielt der Adler als Sturmvogel eine Rolle. Die Windriesen haben vielfach Adlergestalt (E. H. Meyer Germ. Myth. § 152. 180). In der ags. Poesie ist er der gierige Schlachtenvogel (grædig guðhafoc, guðfugel), der dem Heereszuge mit Geschrei folgt. Das poetische ags. Beiwort salowigpada 'der schwarzröckige' erinnert an die Bedeutung des lat. aquilā, das (nach Vaniček EWb.3) zu aquilus 'schwarz' gehört.

Whitman JGPh. 2, 164. 167 f. (1898). Suolahti Die deutschen Vogelnamen 345 bis 352 (1909). Hoops.

§ 4. Im Kunstgewerbe wird der A. an germanischen (gotischen und nordischen) Schnallen und Fibeln seit dem 5. Jh. häufig angebracht, oft nur der Adlerkopf als Krönung, auch in Reihen angeordnet. Adlerfibeln bei Westgoten und Franken (oft auch als Falken bezeichnet), den Vogel in ganzer Figur mit Flügeln, doch ohne Füße darstellend, aus Bronze oder Edelmetall, dann meist vollständig mit Almandinen, Granaten oder Glas in Zellen ausgelegt. Später an Architekturteilen, besonders als Kapitellecke in Deutschland nicht selten. Vermutlich aus der Lombardei importiert (Verona, S. Lorenzo), erscheint er so im 10. Jh. in der Stiftskirche zu Quedlinburg, noch später am Dom zu Wetzlar; zuletzt an den Bauwerken Barbarossas, der viel aus Oberitalien nach dem Norden übertrug (Gelnhausen).

A. Haupt.

Admiralschaft (conserva, anord. samflot), vertragsmäßige Vereinigung der Eigentümer mehrerer Schiffe zum Zwecke gegen seitigen Beistands gegen Seeräuber, sowie zur Unterstützung in sonstigen Seegefahren, also eine Art Versicherung auf Gegenseitigkeit. Sie sind im Norden scharf vom félag (s. d.) geschieden, während im Süden sich eine Form findet, welche zugleich auf Anteil am gemeinsamen Gewinn und Verlust der Expedition ausgeht (vgl. tabula Amalfitana 38).

Goldschmidt UG. d. HR. 116. v. Amira NOR. II 816. K. Lehmann.

Adoption. § I. Ob das germanische Recht eine wirkliche Adoption kannte,

ist bestritten. Während ein Teil der Forscher (Stobbe, Amira usw.) nur das Vorhandensein adoptionsähnlicher Rechtsgeschäfte zugibt, die aber nie ein wirkliches Kindesverhältnis, sondern nur gewisse erbrechtliche, obligatorische oder sonstige rechtliche Beziehungen begründen, nehmen andere, vor allem Pappen. heim, ein altgermanisches Rechtsinstitut der Adoption an, das in späterer Zeit benutzt wurde, nur einen Teil der ursprünglichen Wirkungen herbeizuführen. Eine Entscheidung der Streitfrage ist nur möglich, wenn genau zwischen den einzelnen Handlungen, die eventuell als Adoptionshandlungen in Betracht kommen könnten, unterschieden wird.

§ 2. Keine germanische Adoptionsform ist die Einhüllung in den Mantel, die nachmals bei der Legitimation vorehelicher Kinder durch nachfolgende Ehe vorkommt und eine Erneuerung des Geburtsaktes darstellt. Als Adoptionsform kann sie auch (wenigstens ursprünglich) nur von einer adoptierenden Frau angewendet werden; doch gehören die Beispiele dafür (vgl. Kogler, SZERG. 25, 166 ff.) nicht der eigentlich germanischen Rechtswelt an, deren Gedankengängen eine Adoption durch eine Frau überhaupt fernliegen mußte. Auch die Schoßsetzung, die gelegentlich als Legitimationsmittel vorkommt, bedeutet ursprünglich wohl allein eine Aufnahme in den Schoß der Mutter.

§ 3. Verschieden von der Schoßsetzung ist die Kniesetzung, die in den westnordischen Quellen der Begründung der Pflegekindschaft dient und bei Norwegern, Schweden und Angelsachsen als Verlobungsbrauch (nicht als Hochzeitsbrauch!) erscheint. Ließe sich auch die Pflegekindschaft als ein abgeschwächtes Adoptionsverhältnis auffassen, so versagt diese Erklärung doch völlig für den durch. das Verlöbnis begründeten Rechtszustand. Denn das Rechtsinstitut, das für Frau und Kinder gleich ist, die Munt des Mannes, wird ja erst durch die Eheschließung, nicht durch das Verlöbnis, begründet. Wir haben demnach in der Kniesetzung, wie es scheint, einen Akt zu erblicken, der ein Schutz- und Treu

verhältnis, aber kein Kindesverhältnis begründet.

§ 4. Als eine Adoption durch Umarmung des Kindes wird die fränkische Affatomie (Lex Sal. 46, Lex Rib. 48, 49) in ihrer ursprünglichen Gestalt gedeutet (s. u. Testament). Sicher ist, daß sie ursprünglich Adoption war (Lex Rib. spricht von einem adoptare in hereditatem). Aber in unseren Quellen ist sie nicht nur ein rein vermögensrechtliches Geschäft geworden, sondern hat auch alle familienrechtlichen Formen abgestreift. Daß sie einst eine Umarmung war, schließt man aus dem etymologischen Zusammenhang des adfathumjan mit germ. *fapmaz m.: ahd. fadum, as. fadm, ags. fapm, anord. faðmr 'Busen, Umarmung'. Es ist aber sehr wohl möglich, daß das Verbum gar nicht von dieser ursprünglichen, sondern von der abgeleiteten Bedeutung 'Deszendenz' ausgeht, so daß man Schlüsse auf die Form des Geschäfts aus dem Namen nicht ziehen kann.

§ 5. Dagegen finden wir bei den gotischvandilischen Völkern, den Langobarden und auch den Franken eine Adoption durch Scheren des Haares oder Bartes und durch Waffen reichung seitens des Adoptierenden, bei den Dänen eine solche durch durch Waffendarbringung seitens des Adoptierten (Annal. Fuld. 873). Der Zweck und die rechtlichen Wirkungen dieser Adoption sind sehr verschieden. Teils sollte sie ein Erbrecht begründen, so die Waffenreichung an. Gensimund (Cassiod. Var. VIII 9), die gairethinx des Ed. Rothari 168-174, die Bartschur, die der Patricius Gregor dem Taso versprach (Paul. Diac. IV 40). Teils diente sie dem Zwecke der Emanzipation (s. d.). Teils endlich war sie nur ein Mittel der Herrscher, um Bündnisse zu schließen, wie die Waffenreichung Theoderichs an den Herulerkönig und Justins an Eutharich (Cassiod. Var. IV 2. VIII 1) oder die Bartschur Chlodwigs durch den Westgotenkönig Alarich, endlich die Waffendarbringung der Dänenkönige an Ludwig den Deutschen. In allen diesen Fällen aber, so verschiedenen Zwecken sie dienten, heben die Quellen ausdrücklich hervor, daß durch die betreffende Handlung ein Sohnesverhältnis

begründet sei, so daß am Adoptionscharakter dieser Handlungen nicht zu zweifeln ist. Doch verschaffte weder die Waffenreichung noch die Haarschur dem Angenommenen irgendwelche rechtlichen Beziehungen zu den Verwandten des Annehmenden. Von der Geschlechtsleite war diese Adoption grundverschieden.

548 ff.

Grimm DRA. 4 201 f. 230. 598. 638 ff. Sohm Fränkische Reichs- u. Gerichtsverfassung Stobbe Deutsches Privatrecht IV 3 451 ff. Amira PGrundr. III 167. Maurer Vorl. III 190 ff. Brunner DRG. I 103. Schröder DRG. 569. 332. 347 f. Pappenheim SZfRG. 29, 315 ff. (Bei Stobbe, Brunner, Schröder und Pappenheim die übrige Literatur.) -S. u. Emanzipation, Geschlechtsleite. S. Rietschel.

Adrana, Fluß im Land der Chatten (Tacitus Ann. 1, 56), die jetzige Eder.

R. Much.

Aduatuci. Das Volk dieses Namens, das in Belgien zwischen Eburonen und Nerviern seẞhaft war, besteht nach Caesar BG. 2, 29 aus Abkömmlingen einer Abteilung von Kimbern und Teutonen, die von diesen zur Bewachung eines Lagers zurückgelassen worden war. Ihr Name ist keltisch und nach Glück (Die kelt. Namen bei Caes. 8) Aduatuci zu schreiben. Doch bietet die Überlieferung zum Teil Atuatuci, was Zangemeister (Rhein. Jahrb. 81, 84) vorzieht. S. Kimbern.

R. Much.

Ægir ist in der isländischen Dichtung die mythische Personifikation des ruhigen Meeres. Sein Name bedeutet ursprünglich das Meer schlechthin; das Wort gehört zu got. ahva, griech. xɛavós. Nach späten Zeugnissen soll er mit andern Namen Gymir oder Hler geheißen und auf der dänischen Insel Hlésey (Læsö) im Kattegat seinen Sitz gehabt haben. Seine Frau ist Rān (s. d.), mit der er neun Töchter erzeugt hat, Personifikationen der Wogen, die nach der Mutter geartet sind und bei Stürmen den Schiffern ihre Umarmung bieten. Unter dem Namen Hler begegnet er auch als Sohn des Fornjōt (s. d.) und Bruder des Logi und Käri. Mit den Göttern steht er in gastfreundlichem Verkehr. Wiederholt kehren diese in seiner mächtigen Halle zu frohem Gelage ein, da er Speise und Trank in Überfluß besitzt

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